Discussion:
KonTraG Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, Urteile?
(zu alt für eine Antwort)
Heiko Blank
2003-07-22 20:14:07 UTC
Permalink
Hallo zusammen,

das KonTraG verpflichtet ja Geschäftsführer von Aktiengesellschaften Risiken
für die Firma darzulegen und durch geeignete Maßnahmen abzuwenden. Bei nicht
beachten wird der Geschäftsführer mit seinem persönlichen Besitz zur Haftung
heran gezogen.

Gibt es da schon Urteile wonach Geschäftsführer nach dem KonTraG zu
Schadenersatz verurteilt worden sind? Beispiele?

Gilt das Gesetz auch für GmbHs und andere Firmenformen unter bestimmten
Voraussetzungen oder war sowas nur mal angedacht bzw. kann irgendwie "vom
Gesetzgeber gewollt" angewandt werden?
Frank Hucklenbroich
2003-07-23 06:29:53 UTC
Permalink
Post by Heiko Blank
Hallo zusammen,
das KonTraG verpflichtet ja Geschäftsführer von Aktiengesellschaften Risiken
für die Firma darzulegen und durch geeignete Maßnahmen abzuwenden. Bei nicht
beachten wird der Geschäftsführer mit seinem persönlichen Besitz zur Haftung
heran gezogen.
Gibt es da schon Urteile wonach Geschäftsführer nach dem KonTraG zu
Schadenersatz verurteilt worden sind? Beispiele?
Gilt das Gesetz auch für GmbHs und andere Firmenformen unter bestimmten
Voraussetzungen oder war sowas nur mal angedacht bzw. kann irgendwie "vom
Gesetzgeber gewollt" angewandt werden?
Hallo!

Bei einer AG macht das Sinn, da ja die Aktionäre vor Fehlinvestitionen
geschützt werden sollen. Aber welchen Sinn soll das bei einer GmbH machen?
Es ist ja gerade Sinn und Zweck der GmbH die Haftung zu beschränken (i.d.R.
auf das Stammkapital). Jeder weiß das und muß das Risiko entsprechend
einschätzen.

Eine persönliche Haftung der Geschäftsführer einer GmbH würde ja gerade
diese Haftungsbeschränkung aushöhlen.

Viele Grüße,

Frank
Holger Pollmann
2003-07-23 07:07:58 UTC
Permalink
Post by Frank Hucklenbroich
Bei einer AG macht das Sinn, da ja die Aktionäre vor
Fehlinvestitionen geschützt werden sollen. Aber welchen Sinn soll
das bei einer GmbH machen? Es ist ja gerade Sinn und Zweck der
GmbH die Haftung zu beschränken (i.d.R. auf das Stammkapital).
Jeder weiß das und muß das Risiko entsprechend einschätzen.
Eine persönliche Haftung der Geschäftsführer einer GmbH würde ja
gerade diese Haftungsbeschränkung aushöhlen.
Wo soll da der Unterschied liegen? GmbH und AG sind beide
Kapitalgesellschaften, bei beiden ist der Geschäftsführer RGUNDSÄTZLICH
nichst anderes als ein Geschäftsführer (heißt das bei der AG nicht eh
Vorstand?), und bei beiden kann man überlegen, ob man die grundsätzlich
nichtbestehende Haftung für Schulden der Gesellschaft (da nur GF) nicht
evtl. doch begründet.
--
( ROT-13 if you want to email me directly: ***@ervzjrexre.qr )
"Im Krieg trifft es immer die falschen - die Militärs nennen sowas
'Schade'. Sozusagen 'Kollateralschade'." -- Thomas Pommer, n-tv
Nachschlag, 07.03.2003
Frank Hucklenbroich
2003-07-23 07:48:49 UTC
Permalink
Post by Holger Pollmann
Post by Frank Hucklenbroich
Eine persönliche Haftung der Geschäftsführer einer GmbH würde ja
gerade diese Haftungsbeschränkung aushöhlen.
Wo soll da der Unterschied liegen? GmbH und AG sind beide
Kapitalgesellschaften
Ja, aber die AG gibt Aktien heraus die evtl. von gutgläubigen Dritten
gezeichnet werden. Wenn Opa Schultze sich T-Aktien kauft und damit auf die
Nase fällt überlegt man halt dem Vorstand da eine Mitschuld mit anzuhängen
(Stichwort Gläubigerschutz).

Bei eine GmbH kommt es eben viel seltener vor daß Außenstehende dort Geld
investieren, und wenn dann sind das keine Laien, sondern Banken bzw.
professionelle Investoren.

Aktien können hingegen Hinz und Kunz kaufen, insofern legt der Gesetzgeber
hier strengere Maßstäbe an als bei einer GmbH (übrigens nicht nur bei der
Haftung, sondern z.B. auch bei der Offenlegung von Bilanzen u.ä.).

Gerade wenn die AG börsengehandelte Aktien herausgibt sind da eben sehr
viele Gläubiger im Spiel, und die will der Gesetzgeber schützen. Inwiefern
sowas per Gesetz tatsächlich geregelt werden kann (bzw. ob das was bringt)
sei mal dahingestellt.

Viele Grüße,

Frank
Heiko Blank
2003-07-23 16:09:16 UTC
Permalink
Die Absicht des Gesetzgebers war es, bedingt durch mehrere größere
(überraschende?) Firmeninsolvenzen, eine Grundlage zu schaffen, wodurch
gefährdende Entwicklungen bei "Firmen" rechtzeitig erkannt (weil
dokumentiert) und verhindert werden sollen. Um dem ganzen überhaupt
Nachdruck zu schaffen, wurde die persönliche Haftung der/des
Geschäftsführers mit einbezogen.
Ich bin der Meinung, dass das auch für GmbHs und andere Firmen gelten soll.
Ansonsten ist einer gleichgültigen Haltung der Geschäftsführer a la " was
macht mir ne Firmenpleite aus, ich gründe halt in ein paar Wochen ne neue
Firma", Tür und Tor geöffnet.
Das dabei Gläubiger und Angestellte den Kürzeren ziehen, kann ihm ja egal
sein, da keinerlei persönliche Haftung!

Außerdem geht es in dem Gesetz auch nicht darum einen Geschäftsführer zu
bestrafen der seine Firma in die Pleite gefahren hat, sondern ihn dafür zu
bestrafen, dass er keine Maßnahmen getroffen hat um eine drohende Gefahr zu
erkennen und damit evt. abwenden zu können.

Außerdem werden wohl auch Wirtschaftsprüfer nach dem KonTraG zur
Rechenschaft gezogen wenn sie eine AG nicht danach durchleuchten.

Aber in meine Frage wollte ich ja eben Beweise bzw. Urteile dafür haben.
Gibts da noch nichts?
Thorsten Kuthe
2003-08-10 14:49:25 UTC
Permalink
Post by Heiko Blank
Die Absicht des Gesetzgebers war es, bedingt durch mehrere größere
(überraschende?) Firmeninsolvenzen, eine Grundlage zu schaffen, wodurch
gefährdende Entwicklungen bei "Firmen" rechtzeitig erkannt (weil
dokumentiert) und verhindert werden sollen. Um dem ganzen überhaupt
Nachdruck zu schaffen, wurde die persönliche Haftung der/des
Geschäftsführers mit einbezogen.
Das ist ein Irrtum. Das KonTraG hat lediglich bereits allgemein
bestehende Pflichten konkretisiert und formal für bestimmte
Gesellschaften festgezogen. Im Grundsatz gab es entsprechende
Verhaltenspflichten schon vorher für Vorstände / Geschäftsführer und
die Haftungstatbestände sind sowieso unverändert.
Post by Heiko Blank
Ansonsten ist einer gleichgültigen Haltung der Geschäftsführer a la " was
macht mir ne Firmenpleite aus, ich gründe halt in ein paar Wochen ne neue
Firma", Tür und Tor geöffnet.
Dafür gibt es bestimmte Haftungstatbestände, die bei AG / GmbH
weitgehend gleich sind.

Thorsten
Thorsten Kuthe
2003-08-10 14:44:39 UTC
Permalink
Post by Holger Pollmann
nichst anderes als ein Geschäftsführer (heißt das bei der AG nicht eh
Vorstand?),
Ja.

Thorsten

Malte Hansen
2003-07-25 12:56:26 UTC
Permalink
Post by Heiko Blank
Hallo zusammen,
das KonTraG verpflichtet ja Geschäftsführer von Aktiengesellschaften Risiken
für die Firma darzulegen und durch geeignete Maßnahmen abzuwenden. Bei nicht
beachten wird der Geschäftsführer mit seinem persönlichen Besitz zur Haftung
heran gezogen.
Dazu war der Vorstand einer Aktiengesellschaft auch schon vorher
verpflichtet. Neu durch das KonTraG ist die Verpflichtung zur
Einrichtung eines Risiko-Überwachungssystems (und die Überprüfung
durch die WP´s). Auch die Haftung der Vorstandsmitglieder für
pflichtwidrig herbeigeführte Schäden ist nicht erst durch das KonTraG
herbeigeführt worden, sondern steht schon seit einiger Zeit in § 93
Abs. 2 AktG.
Post by Heiko Blank
Gibt es da schon Urteile wonach Geschäftsführer nach dem KonTraG zu
Schadenersatz verurteilt worden sind? Beispiele?
Du meinst sicher: nach dem Inkrafttreten der Änderungen durch das
KonTraG im Aktiengesetz ? Dazu gibt es schon eine ganze Reihe von
Urteilen. Prominent dürfte der Fall "Bremer Vulkan" sein.
Post by Heiko Blank
Gilt das Gesetz auch für GmbHs und andere Firmenformen unter bestimmten
Voraussetzungen oder war sowas nur mal angedacht bzw. kann irgendwie "vom
Gesetzgeber gewollt" angewandt werden?
Auch Geschäftsführer von GmbHs sind dazu verpflichtet, ihren Laden so
einzurichten, dass Risiken rechtzeitig erkannt werden können. Aber wie
weit diese Pflicht im einzelnen geht hängt sehr von der Branche, der
Grösse der GmbH usw. ab.

Mit freundlichen Grüssen

Malte Hansen
Heiko Blank
2003-07-25 19:30:36 UTC
Permalink
"Malte Hansen" <***@jura.uni-sb.de> schrieb im Newsbeitrag news:***@posting.google.com...
...
Post by Malte Hansen
Du meinst sicher: nach dem Inkrafttreten der Änderungen durch das
KonTraG im Aktiengesetz ? Dazu gibt es schon eine ganze Reihe von
Urteilen. Prominent dürfte der Fall "Bremer Vulkan" sein....
Ah, das ist interessant. Kannst Du noch weitere Urteile nennen? Ich bräuchte
möglichst viele Beispiele! Am besten wo auch mangelnde Absicherung der
IT-Systeme zB fehlende Firewall (Früherkennungssysteme) usw in der
Urteilsbegründung erwähnt war.
Malte Hansen
2003-07-28 08:18:08 UTC
Permalink
Post by Heiko Blank
Ah, das ist interessant. Kannst Du noch weitere Urteile nennen? Ich bräuchte
möglichst viele Beispiele! Am besten wo auch mangelnde Absicherung der
IT-Systeme zB fehlende Firewall (Früherkennungssysteme) usw in der
Urteilsbegründung erwähnt war.
Ich fürchte, dass Du dazu nicht allzuviel finden wirst - und
möglicherweise auch, dass Du unter dem Wort "Früherkennungssystem"
etwas anderes verstehst, als das AktG. Es geht um die Früherkennung
von wirtschaftlichen Krisen (zur Vermeidung der Insolvenz). Die
schlechte Organisation der IT-Systeme durch das zuständige
Vorstandsmitglied führt auch so über § 93 AktG zu
Schadensersatzansprüchen.

Mit freundlichen Grüssen

Malte Hansen
Heiko Blank
2003-07-28 14:50:25 UTC
Permalink
Post by Malte Hansen
Ich fürchte, dass Du dazu nicht allzuviel finden wirst - und
möglicherweise auch, dass Du unter dem Wort "Früherkennungssystem"
etwas anderes verstehst, als das AktG. Es geht um die Früherkennung
von wirtschaftlichen Krisen (zur Vermeidung der Insolvenz).
Hallo Malte,

mittlererweile hat es sich aber auch unter den Juristen herumgesprochen,
dass ein fehlendes Securitybewußtsein und zB Diebstahl von Forschungs- und
Entwicklungsdaten oder abfangen von Angeboten per E-Mail eine Firma in die
Insolvenz befördern kann. So dass man durchaus eine wirtschaftliche Krise,
ausgelöst durch Virenbefall oder Datendiebstahl von Hackern, durch
enstprechende Logfiles bzw. Abwehr-Systeme frühzeitig erkennen und abwehren
kann.
Malte Hansen
2003-07-29 12:54:52 UTC
Permalink
Post by Heiko Blank
Hallo Malte,
mittlererweile hat es sich aber auch unter den Juristen herumgesprochen,
dass ein fehlendes Securitybewußtsein und zB Diebstahl von Forschungs- und
Entwicklungsdaten oder abfangen von Angeboten per E-Mail eine Firma in die
Insolvenz befördern kann. So dass man durchaus eine wirtschaftliche Krise,
ausgelöst durch Virenbefall oder Datendiebstahl von Hackern, durch
enstprechende Logfiles bzw. Abwehr-Systeme frühzeitig erkennen und abwehren
kann.
Schön und gut - Du hast sicher recht. Aber die Einrichtung eines
entsprechenden sicheren Systems gehört eh´ zu den Pflichten des
zuständigen Vorstandsmitgliedes und die Überwachung der Erfüllung
dieser Pflichten obliegt dem Gesamtvorstand. Werden diese Pflichten
verletzt, dann haften die Vorstandsmitglieder nach § 93 AktG
unbegrenzt - den durch das KonTrag veränderten § 91 Abs. 2 AktG
brauchst Du dazu nicht, so dass gar nicht der Bedarf besteht, am
Technikbewusstsein der Juristen zu zweifeln...

Mit freundlichen Grüssen

Malte Hansen
Alexander Schroeder
2003-07-25 20:27:25 UTC
Permalink
Post by Malte Hansen
Du meinst sicher: nach dem Inkrafttreten der Änderungen durch das
KonTraG im Aktiengesetz ? Dazu gibt es schon eine ganze Reihe von
Urteilen. Prominent dürfte der Fall "Bremer Vulkan" sein.
War der Fall "Bremer Vulkan" nicht schon vor Inkrafttreten des KonTraG?
Das KonTraG ist aus dem April 1998. Bremer Vulkan war AFAIR bereits
vorher insolvent.
Malte Hansen
2003-07-28 08:13:18 UTC
Permalink
Post by Alexander Schroeder
Post by Malte Hansen
Du meinst sicher: nach dem Inkrafttreten der Änderungen durch das
KonTraG im Aktiengesetz ? Dazu gibt es schon eine ganze Reihe von
Urteilen. Prominent dürfte der Fall "Bremer Vulkan" sein.
War der Fall "Bremer Vulkan" nicht schon vor Inkrafttreten des KonTraG?
Das KonTraG ist aus dem April 1998. Bremer Vulkan war AFAIR bereits
vorher insolvent.
Hast recht. Die Krise war schon vorher.

Mit freundlichen Grüssen

Malte Hansen
Thorsten Kuthe
2003-08-10 14:46:59 UTC
Permalink
Post by Malte Hansen
Hast recht. Die Krise war schon vorher.
... und mit dem Thema Risikofrüherkennung beschäftigt sich das Urteil
auch nicht. Zu dieser Frage (ob ein ordnungsgemaesses
Risikofrüherkennungssystem vorliegt) gibt es meines Wissens bislang
eben kein Urteil. Allerdings nur unter Vorbehalt, da ich meine
Kommentare hier nicht habe.

Thorsten
Lesen Sie weiter auf narkive:
Loading...