Discussion:
Rechtliche Auswirkungen LKW-Unfall bei Lenkzeitüberschreitung
(zu alt für eine Antwort)
Hubert Reinelt
2007-02-03 11:55:31 UTC
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xpost in de.soc.recht.misc, de.soc.recht.strafrecht,
de.soc.recht.strassenverkehr
fup2 de.soc.recht.misc

Tach,

folgende Situation:

Ein LKW-Fahrer überschreitet eigenverantwortlich die
Lenkzeiten, baut einen Unfall, Dritte werden geschädigt.

Können die geschädigten Dritten gegen ihn zivilrechtlich
vorgehen? Schätzungsweise wohl aufgrund § 823 BGB, oder?

Strafrechtlich dürften wohl § 69, § 315c, § 222 und § 229
relevant sein.

Variante:

Der Fahrer baut aufgrund einer Anweisung des Unternehmers
obigen Unfall.

Können die geschädigten Dritten auch gegen den Unternehmer
vorgehen? Kann der Fahrer den Unternehmer irgendwie
zivilrechtlich greifen? Würde hier § 831 BGB ziehen?

Welche weiteren Folgen hätte der Fahrer außer eventuellen
Arbeitsplatzverlust, Führerscheinentzug und eventuellen Schaden-
ersatzklagen zu erwarten?

Wo ordne ich den §7 StVG eigentlich ein? Ist das Strafrecht oder
eher Zivilrecht? Oder keins von beidem? Wird wohl Öffentliches
Recht sein, oder?
Kurt Guenter
2007-02-03 12:56:01 UTC
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Post by Hubert Reinelt
Können die geschädigten Dritten gegen ihn zivilrechtlich
vorgehen?
na klar, allerdings auch OHEN Lenkzeitüberschreitung.

Schätzungsweise wohl aufgrund § 823 BGB, oder?
Post by Hubert Reinelt
Der Fahrer baut aufgrund einer Anweisung des Unternehmers
obigen Unfall.
Und? Er selber ist _persönlich_ verantwortlich!

Wenn der Unternehmer sagt "Überfall ne Bank", macht der Fahrer das
dann auch?
Post by Hubert Reinelt
Können die geschädigten Dritten auch gegen den Unternehmer
vorgehen?
Hat der Unternehmer den Unfall verursacht?
Post by Hubert Reinelt
Welche weiteren Folgen hätte der Fahrer außer eventuellen
Arbeitsplatzverlust, Führerscheinentzug und eventuellen Schaden-
ersatzklagen zu erwarten?
Hoffentlich eine hohe wg. vorsätzlicher Inkaufnahme eines Unfalls,
bedingt durch die Lenkzeitüberschreitung.
Hubert Reinelt
2007-02-03 13:04:53 UTC
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Post by Kurt Guenter
Und? Er selber ist _persönlich_ verantwortlich!
Also kann der U., trotz Anweisung, nicht zivilrechtlich
in Anspruch genommen werden?
Post by Kurt Guenter
Hat der Unternehmer den Unfall verursacht?
Indirekt ja.
Post by Kurt Guenter
Hoffentlich eine hohe wg. vorsätzlicher Inkaufnahme eines Unfalls,
bedingt durch die Lenkzeitüberschreitung.
Eine hohe was?

btw. bitte beachten, es ist kein realer Fall, also eventuelle
schaumartige Gebilde vor dem Mund wieder wegwischen.
Andreas Froehlich
2007-02-03 14:11:16 UTC
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Post by Kurt Guenter
Wenn der Unternehmer sagt "Überfall ne Bank", macht der Fahrer das
dann auch?
Naja, dass ist ja auch eine Straftat, die Lenkzeitüberschränkung IMHO
nur eine OWIG.

Wenn der LKW-Fahrer beispielsweise ein Bundeswehrsoldat wäre und sein
Vorgesetzer ihn den Befehl dazu gäbe, müßte er IMHO fahren, auch wenn er
dabei die Lenkzeit überschreitet.

Oder gilt diese Lenkzeitbeschränkung überhaupt für die Bundeswehr?

Andreas
Hubert Reinelt
2007-02-03 14:29:23 UTC
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Post by Andreas Froehlich
Oder gilt diese Lenkzeitbeschränkung überhaupt für die Bundeswehr?
Meines Wissens nach nicht. Lt. VO 3820/85 Artikel 4 Nr. 5 und
§1 II Nr. 1 FPersG gelten die Vorschriften nicht für die Streitkräfte.
Stefan Engler
2007-02-03 20:24:43 UTC
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Post by Hubert Reinelt
Post by Andreas Froehlich
Oder gilt diese Lenkzeitbeschränkung überhaupt für die Bundeswehr?
Meines Wissens nach nicht. Lt. VO 3820/85 Artikel 4 Nr. 5 und
§1 II Nr. 1 FPersG gelten die Vorschriften nicht für die Streitkräfte.
Ja aber selbstverständlich gelten die Vorschriften auch für
Stretkräfte, der Abdruck der gesamten StVO, StVG und etc. findet sich
in einer ZDV (OK es steht noch ein wenig mehr drin, sogar alle
Prüfungsfragen mit den richtigen Lösungen stehen in der ZDV und dann
noch wie ein Unfall gemeldet werden muss).

In Deutschland ist bei der Bundeswehr der Fahrer für sein Fahrzeug
selbst verantwortlich und da hat der Dienstvorgesetzte nur wenig
reinzureden, natürlich kann unter Umständen ein Befehl ergehen, dass
die Lenkzeiten überschritten werden aber wenn der Fahrer damit
Menschen oder Sachen gefährdet (Straftat: Körperverletzung und
mutwillige Sachbeschädigung) kann dieser Befehl m.E. auch abgelehnt
werden. Insgesamt ist das Befehlssystem der Bundeswehr sehr komplex
und nicht jeder "Vorgesetzte" darf jeden Befehl erteilen. Und kaum
einer weiß überhaupt wozu er genau befugt ist. Speziell bei
Fahrbefehlen gibt es große Einschränkungen und gerade diese schaut
sich der Bundesrechnungshof regelmäßig mal an, genauso wie die
verschiedenen Zahlstellen des Bundes regelmäßig überprüft werden.
Henning Koch
2007-02-03 21:54:43 UTC
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Post by Stefan Engler
Post by Hubert Reinelt
Post by Andreas Froehlich
Oder gilt diese Lenkzeitbeschränkung überhaupt für die Bundeswehr?
Meines Wissens nach nicht. Lt. VO 3820/85 Artikel 4 Nr. 5 und
§1 II Nr. 1 FPersG gelten die Vorschriften nicht für die Streitkräfte.
Ja aber selbstverständlich gelten die Vorschriften auch für
Stretkräfte, der Abdruck der gesamten StVO, StVG und etc. findet sich
in einer ZDV
Welchen Sinn macht es, ein Gesetz in eine ZDV aufzunehmen, in dem
ausdrücklich steht:

|(2) Dieses Gesetz gilt nicht für die Mitglieder des Fahrpersonals
|1. von Dienstfahrzeugen der Bundeswehr, der Feuerwehr und der anderen
| Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes, der Polizei
| und des Zolldienstes,
Michael 'Mithi' Cordes
2007-02-03 15:53:37 UTC
Permalink
Post by Andreas Froehlich
Wenn der LKW-Fahrer beispielsweise ein Bundeswehrsoldat wäre und sein
Vorgesetzer ihn den Befehl dazu gäbe, müßte er IMHO fahren, auch wenn er
dabei die Lenkzeit überschreitet.
Nein. Außerdem wäre kein Vorgesetzter so mit der Muffe gepufft so etwas
anzuordnen.
Post by Andreas Froehlich
Oder gilt diese Lenkzeitbeschränkung überhaupt für die Bundeswehr?
Ja, selbstverständlich.


cya
Mithi
Guenter Schink
2007-02-04 14:02:02 UTC
Permalink
Michael 'Mithi' Cordes meinte
Post by Andreas Froehlich
Wenn der LKW-Fahrer beispielsweise ein Bundeswehrsoldat wäre und sein
Vorgesetzer ihn den Befehl dazu gäbe, müßte er IMHO fahren, auch wenn er
dabei die Lenkzeit überschreitet.
Nein.
Der Soldat muss die Befehle seiner militärischen Vorgesetzten
befolgen, soweit nicht Ausnahmen nach SG und WStG gegeben sind
(Stichworte: Menschenwürde, nicht dienstlicher Zweck, Straftat)
Außerdem wäre kein Vorgesetzter so mit der Muffe gepufft so etwas anzuordnen.
Selbstverständlich wird ein Vorgesetzter solch einen Befehl erteilen,
wenn er ihn zur Erfüllung des hoheitlichen Auftrags für notwendig hält
und er glaubt, dass er ihn _verantworten_ kann. Der Vorgesetzte trägt
nähmlich für seine Befehle die Verantwortung.

Aber! Wenn der BW-Kraftfahrer übermüdet ist, Lenkzeit hin oder her,
kann sein Befolgen eines solchen Befehls eine Straftat zur Folge
haben, z.B. fahrlässige Körperverletzung. Ein entsprechendes Urteil
hat es vor einigen Jahren mal gegeben (leider keine Fundstelle). Somit
steckt so ein Fahrer ggf. in einer bösen Situation.

Gruß Günter
Thomas Hochstein
2007-02-04 16:10:09 UTC
Permalink
Post by Michael 'Mithi' Cordes
Post by Andreas Froehlich
Wenn der LKW-Fahrer beispielsweise ein Bundeswehrsoldat wäre und sein
Vorgesetzer ihn den Befehl dazu gäbe, müßte er IMHO fahren, auch wenn er
dabei die Lenkzeit überschreitet.
Nein.
Doch, solange er trotzdem fahrtauglich ist. Befehle sind, von
Ausnahmefällen abgesehen, zu befolgen, solange damit nicht - u.a. -
die Begehung einer *Straftat* (nicht: einer Ordnungswidrigkeit)
verbunden ist.
Post by Michael 'Mithi' Cordes
Post by Andreas Froehlich
Oder gilt diese Lenkzeitbeschränkung überhaupt für die Bundeswehr?
Ja, selbstverständlich.
Meines Wissens nach ist das nicht der Fall; ich habe das aber nicht
mehr nachgeprüft.

-thh
Michael 'Mithi' Cordes
2007-02-04 16:39:43 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Meines Wissens nach ist das nicht der Fall; ich habe das aber nicht
mehr nachgeprüft.
Ich weiß nur das ich 1992-1993 der 5. Inst/11 sowohl während der
Fahrschulen (CE und Schwerlasttransporter) als auch später bei
SLT-fahren Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten hatte.


cya
Mithi
Thomas Hühn
2007-02-04 17:13:34 UTC
Permalink
Post by Michael 'Mithi' Cordes
Post by Thomas Hochstein
Meines Wissens nach ist das nicht der Fall; ich habe das aber nicht
mehr nachgeprüft.
Ich weiß nur das ich 1992-1993 der 5. Inst/11 sowohl während der
Fahrschulen (CE und Schwerlasttransporter) als auch später bei
SLT-fahren Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten hatte.
Ich weiß es nicht, aber möglicherweise war das ja einfach eine
Dienstanweisung der Bundeswehr (oder gar nur allgemeiner Usus bei euch),
die die üblichen Regelungen weitgehend übernimmt?

Schließlich sind die Ruhezeiten nicht aus Jux und Dollerei erfunden
worden, sondern eine sinnvolle Einschränkung, so daß auch die Bundeswehr
daran interessiert sein wird, ähnliche Einschränkungen für den
Normalfall zu haben (die man für besondere Lagen dann aber einfach außer
Kraft setzen oder ignorieren kann).

Thomas
Michael 'Mithi' Cordes
2007-02-04 17:34:36 UTC
Permalink
Post by Thomas Hühn
Ich weiß es nicht, aber möglicherweise war das ja einfach eine
Dienstanweisung der Bundeswehr (oder gar nur allgemeiner Usus bei euch),
die die üblichen Regelungen weitgehend übernimmt?
Das vermute ich nach der in <***@4ax.com>
genannten Gesetzeslage auch.
Post by Thomas Hühn
Schließlich sind die Ruhezeiten nicht aus Jux und Dollerei erfunden
worden, sondern eine sinnvolle Einschränkung,
Ebent[tm]


cya
Mithi
Thomas Hochstein
2007-02-04 17:32:03 UTC
Permalink
Post by Michael 'Mithi' Cordes
Ich weiß nur das ich 1992-1993 der 5. Inst/11 sowohl während der
Fahrschulen (CE und Schwerlasttransporter) als auch später bei
SLT-fahren Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten hatte.
Und ich weiß, daß das bei mir im Rahmen mehrtägiger Übungen allenfalls
theoretisch war. :) Der Zeitraum stimmt so ungefähr.
Stefan Engler
2007-02-05 19:26:33 UTC
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Post by Thomas Hochstein
Und ich weiß, daß das bei mir im Rahmen mehrtägiger Übungen allenfalls
theoretisch war. :) Der Zeitraum stimmt so ungefähr.
Und wer hat dann nach der Fahrt die Fahraufträge unterschrieben?
(genau in dem Feld wo einige für Bemerkungen unterschreiben, dass aber
dazu da ist, dass der Fahrauftrag fehlerfrei und korrekt war --
Was habt ihr mit dem V-FW, Schirmeister oder Kompaniechef angestellt,
dass er euch das abgezeichnet hat? Oder hatten die LKW keine
Fahrtenschreiber?)
Volker Neurath
2007-02-03 18:20:08 UTC
Permalink
Post by Kurt Guenter
Post by Hubert Reinelt
Der Fahrer baut aufgrund einer Anweisung des Unternehmers
obigen Unfall.
Und? Er selber ist _persönlich_ verantwortlich!
Wenn der Unternehmer sagt "Überfall ne Bank", macht der Fahrer das
dann auch?
Der Vergleich hat nicht mal Beine zum hinken.
Post by Kurt Guenter
Post by Hubert Reinelt
Können die geschädigten Dritten auch gegen den Unternehmer
vorgehen?
Hat der Unternehmer den Unfall verursacht?
Indirekt schon.
Post by Kurt Guenter
Hoffentlich eine hohe wg. vorsätzlicher Inkaufnahme eines Unfalls,
bedingt durch die Lenkzeitüberschreitung.
Dieselbe hohe Strafe erwarte ich für den Unternehmer, der seine(n)
Fahrer derart unter Druck setzt.

volker
--
Im übrigen bin ich der Meinung, das TCPA verhindert werden muss
Stefan Engler
2007-02-07 06:07:57 UTC
Permalink
Post by Volker Neurath
Dieselbe hohe Strafe erwarte ich für den Unternehmer, der seine(n)
Fahrer derart unter Druck setzt.
Das wäre Vorsatz für den Unternehmer, er ist Beteiligter an der Owi
und bringt somit fast die doppelte Strafe. (Autofahrer/ LKW-Fahrer
weist man meist nur Fahrlässigkeit nach, was das Strafmaß halbiert)
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