Discussion:
Korrekte Anrede: "Herr Polizeipräsident?"
(zu alt für eine Antwort)
Erwin Denzler
2007-04-20 22:58:08 UTC
Permalink
Eher ein sprachliches als ein rechtliches Problem, aber mit
verwaltungsrechtlichem Hintergrund:

Für uns Süddeutsche eher ungewohnt, treten in Norddeutschland Behörden
manchmal unter der Bezeichnung ihres Leiters auf. Während hierzulande
einen Bußgeldbescheid z.B. die "Polizeiinspektion Nürnberg-Mitte"
erläßt, macht das in Berlin immer gleich "Der Polizeipräsident in
Berlin". In Bayern bekommt man als Normal-Bürger nahezu nie Post vom
Polizeipräsidenten, höchstens mal von einem Kommissar.

Ähnlich scheint es in anderen nördlichen Ländern bei der
Kommunalverwaltung zu sein, da hat man es nicht einfach mit dem
Sozialamt oder Verkehrsamt zu tun, sondern immer gleich mit "Der
Oberstadtdirektor". Was wohl fast so etwas hohes ist wie eine bayerische
Landrätin.

Ich weiß, dahinter steckt ein anderes Verwaltungsverständnis.

Meine Frage an die Norddeutschen: welche Anrede verwendet man da in der
Antwort? Wenn ich gegen den Bußgeldbescheid Bedenken habe, schreibe ich
dann:

"Sehr geehrter Herr Polizeipräsident in Berlin"
"Sehr geehrter Herr Polizeipräsident Glietsch"
oder doch eher
"Sehr verehrte Frau Polizeihauptwachtmeisterin Schmidt" (falls diese
"i.A." unterschrieben hat)?

Den Präsidenten anzureden ist natürlich doof, der liest es eh nicht.
Frau Schmidt liest es vielleicht, aber im Empfängerfeld nenne ich den
Polizeipräsidenten, in der Anrede Frau Schmidt? Auch nicht logisch.

"Sehr geehrte Damen und Herrn" - es geht doch nur um eine Dame und einen
Herrn.

Also:
"Sehr verehrte Frau Polizeihauptwachtmeisterin Schmidt und sehr geehrter
Herr Polizeipräsident Glietsch" ? --- naja, auch nicht so gut.

Ganz weglassen und gleich anfangen mit "Gegen den Bescheid ...."?

Wie macht ihr Berliner und sonstigen Norddeutschen das?

Achja, hier würde ich schreiben "Sehr geehrte Damen und Herrn", weil ich
davon ausgehe, daß in der PI Nbg-Mitte mindestens jeweils 2 männliche
und weibliche Beamte beschäftigt sind, vielleicht auch "Sehr geehrte
Frau Schmidt", wenn ich sie kenne. Aber Absender ist hier ja die
Inspektion, nicht der Präsident.

E.D.
Jens Müller
2007-04-21 07:04:28 UTC
Permalink
Post by Erwin Denzler
Eher ein sprachliches als ein rechtliches Problem, aber mit
http://www.jura.uni-sb.de/FB/LS/Grupp/Anmerkungen/organ.htm
http://www.jura.uni-sb.de/FB/LS/Grupp/Anmerkungen/behoerde1.htm
Post by Erwin Denzler
Für uns Süddeutsche eher ungewohnt, treten in Norddeutschland Behörden
manchmal unter der Bezeichnung ihres Leiters auf. Während hierzulande
einen Bußgeldbescheid z.B. die "Polizeiinspektion Nürnberg-Mitte"
erläßt, macht das in Berlin immer gleich "Der Polizeipräsident in
Berlin". In Bayern bekommt man als Normal-Bürger nahezu nie Post vom
Polizeipräsidenten, höchstens mal von einem Kommissar.
Ähnlich scheint es in anderen nördlichen Ländern bei der
Kommunalverwaltung zu sein, da hat man es nicht einfach mit dem
Sozialamt oder Verkehrsamt zu tun, sondern immer gleich mit "Der
Oberstadtdirektor". Was wohl fast so etwas hohes ist wie eine bayerische
Landrätin.
Ich weiß, dahinter steckt ein anderes Verwaltungsverständnis.
Ja, ein ziemliches seltsames. Da sind auch schon mal die Städte und
Gemeinden, vertreten durch den (Ober)Bürgermeister, zuständige Behörden
(Polizeigesetz BW). WTF?
Post by Erwin Denzler
Meine Frage an die Norddeutschen: welche Anrede verwendet man da in der
Antwort? Wenn ich gegen den Bußgeldbescheid Bedenken habe, schreibe ich
"Sehr geehrter Herr Polizeipräsident in Berlin"
"Sehr geehrter Herr Polizeipräsident Glietsch"
oder doch eher
"Sehr verehrte Frau Polizeihauptwachtmeisterin Schmidt" (falls diese
"i.A." unterschrieben hat)?
Den Präsidenten anzureden ist natürlich doof, der liest es eh nicht.
Frau Schmidt liest es vielleicht, aber im Empfängerfeld nenne ich den
Polizeipräsidenten, in der Anrede Frau Schmidt? Auch nicht logisch.
Doch sehr.

Ansonsten ist auch folgendes korrekt:

"An den
Polizeipräsidenten in Berlin
Abteilung XY
..... Berlin"

"Sehr geehrte Frau Schmidt,"

Da aber nicht gesagt ist, daß Frau Schmidt das auch bearbeitet (wenn sie
da als Sachbearbeiterin angegeben ist, normalerweise schon, ja - aber
sie könnte dann ja gerade im Urlaub oder so sein, das unterbricht ja die
eventuellen Fristen nicht), würde ich wenn schreiben:

"Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Frau Schmidt,"

Oder die Frau Schmidt halt gleich ganz weglassen.
Post by Erwin Denzler
"Sehr geehrte Damen und Herrn" - es geht doch nur um eine Dame und einen
Herrn.
Nein. Es geht um die Mitarbeiter der Behörde, bzw. der zuständigen
Abteilung. Du verwechselst Organ und Organwalter (der "eine Herr").
Post by Erwin Denzler
"Sehr verehrte Frau Polizeihauptwachtmeisterin Schmidt und sehr geehrter
Herr Polizeipräsident Glietsch" ? --- naja, auch nicht so gut.
Eben. Was hat Polizeipräsident Glietsch damit zu tun? Warum interessiert
Dich überhaupt, wie der heißt?
Post by Erwin Denzler
Ganz weglassen und gleich anfangen mit "Gegen den Bescheid ...."?
Im Schriftverkehr mit Behörden? Nääää ... Bei Gericht ist das was anderes.
Post by Erwin Denzler
Wie macht ihr Berliner und sonstigen Norddeutschen das?
Genauso wie hier in Bawü.

Da habe ich auch beim Regierungspräsidium angeregt, die Fachaufsicht
über den Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe wahrzunehmen. Im
Antwortbrief stand dann "Fachaufsicht über die Stadt Karlsruhe". Es ging
um eine Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung, die wohl der Stadt
Karlsruhe, vertreten durch den OB, übertragen wurde.

Verklagen würde ich dann zB:

"die Stadt Karlsruhe,
vertreten durch den Oberbürgermeister,

dort zuständig:
Amt für Bürgerservice und Sicherheit,
Straßenverkehrsstelle
7.... Karlsruhe

Aktenzeichen: ..../..."

Das aber nur aufgrund der Besonderheit, daß man den Rechtsträger,
vertreten durch die Behörde, verklagt.
Post by Erwin Denzler
Achja, hier würde ich schreiben "Sehr geehrte Damen und Herrn", weil ich
davon ausgehe, daß in der PI Nbg-Mitte mindestens jeweils 2 männliche
und weibliche Beamte beschäftigt sind, vielleicht auch "Sehr geehrte
Frau Schmidt", wenn ich sie kenne. Aber Absender ist hier ja die
Inspektion, nicht der Präsident.
Ja, und?

Behörde bleibt Behörde.
Jens Müller
2007-04-21 07:07:02 UTC
Permalink
Post by Jens Müller
Ja, ein ziemliches seltsames. Da sind auch schon mal die Städte und
Gemeinden, vertreten durch den (Ober)Bürgermeister, zuständige Behörden
(Polizeigesetz BW). WTF?
P.S.: Was man wohl _gemeint_ hat: Die Aufgaben werden den Städten und
Gemeinden übertragen. Zuständige Behörden sind die (Ober)bürgermeister.
Niels Bock
2007-04-23 11:11:55 UTC
Permalink
Post by Jens Müller
Post by Jens Müller
Ja, ein ziemliches seltsames. Da sind auch schon mal die Städte und
Gemeinden, vertreten durch den (Ober)Bürgermeister, zuständige Behörden
(Polizeigesetz BW). WTF?
P.S.: Was man wohl _gemeint_ hat: Die Aufgaben werden den Städten und
Gemeinden übertragen. Zuständige Behörden sind die (Ober)bürgermeister.
Wer ist man?

Im SH-Kommunalrecht erleichtert die Behördenbezeichung die
Aufgabenunterscheidung. In Selbstverwaltungsangelegenheiten ist die
Gemeindevertretung umfassend entscheidungsbefugt; bei Aufgaben zur
Erfüllung nach Weisung darf die sie nur beratend tätig werden.
Verantwortlich ist allein der Bürgermeister.

In solchen Fällen steht dann "Der Oberbürgermeister der Stadt Z als
untere Straßenverkehrsbehörde" o. ä. über dem Bescheid, während ein
Gebührenbescheid der Stadtbücherei (Selbstverwaltungsangelegenheit) die
Behördenbezeichnung "Stadt Z - Der Oberbürgermeister" tragen würde.

Niels
--
L: 18.36 °C |W: 8.79 °C |Wi: 4.1 m/s |PüNN: 0.03 m |12:33 Uhr
Holger Pollmann
2007-04-21 12:08:30 UTC
Permalink
Ich weiss, dahinter steckt ein anderes Verwaltungsverstaendnis.
Ja, ein ziemliches seltsames. Da sind auch schon mal die Staedte
und Gemeinden, vertreten durch den (Ober)Buergermeister,
zustaendige Behoerden (Polizeigesetz BW). WTF?
Wieso "What the fuck"? In Hessen ist es sogar typischerweise ein
Kollegialorgan, das als Gefahrenabwehrbehörde tätig wird, nämlich der
Gemeindevorstand (in Städten: Magistrat). Der Gemeindevorstand ist auch
nach außen hin das Vertretungsorgan der Gemeinde, beinahe sämtliche
Verträge o.ä., die die Gemeinde abschließt, werden ebenfalls vom
Gemeindevorstand abgeschlossen, wie auch er typischerweise die
Verwaltungsakte erläßt usw.

Und selbst, wenn der Bürgermeister mal für sich selbst und nicht für den
Gemeindevorstand tätig wird, vertritt er doch dei Stadt. Denn Behörden
sind nichts anderes als Organe einer juristischen Person, udn diese
Person ist es, der alles handeln ihrer Organe zugerechnet wird.

Handelt also eine Behörde, gilt das als Handlung der juristischen
Person, zu der sie gehört.
Das aber nur aufgrund der Besonderheit, dass man den Rechtstraeger,
vertreten durch die Behoerde, verklagt.
Das ist nach § 78 I Nr. 1 VwGO keine "Besonderheit", sondern der
Normalfall (was sich daraus erklärt, daß Behörden gar keine eigene
Rechtspersönlichkeit haben, sondern Organe des jeweiligen Rechtsträgers
sind, s.o.). Daß man eine Bheörde direkt verklagt, ist nach der VwGO die
Ausnahme, und selbst dann wird der Rechstträger verklagt, nur daß man
eben direkt die zuständige Behörde vors Gericht zerrt.
--
( ROT-13 if you want to email me directly: ***@ervzjrexre.qr )
"Das saarl. VwVfG läßt eine Interpretation deutscher Gesetze nur dann
zu, wenn sie nicht eindeutig sind." Manfred Saar, Präsident
Apothekerkammer d. Saarlandes. heute-journal v. 8. August 2006.
Jens Müller
2007-04-21 12:21:33 UTC
Permalink
Post by Holger Pollmann
Ich weiss, dahinter steckt ein anderes Verwaltungsverstaendnis.
Ja, ein ziemliches seltsames. Da sind auch schon mal die Staedte
und Gemeinden, vertreten durch den (Ober)Buergermeister,
zustaendige Behoerden (Polizeigesetz BW). WTF?
Wieso "What the fuck"? In Hessen ist es sogar typischerweise ein
Kollegialorgan, das als Gefahrenabwehrbehörde tätig wird, nämlich der
Gemeindevorstand (in Städten: Magistrat). Der Gemeindevorstand ist auch
nach außen hin das Vertretungsorgan der Gemeinde, beinahe sämtliche
Verträge o.ä., die die Gemeinde abschließt, werden ebenfalls vom
Gemeindevorstand abgeschlossen, wie auch er typischerweise die
Verwaltungsakte erläßt usw.
Ja, aber die Gemeinde ist keine Behörde, jedenfalls IMO.

Wieso verzapft man also zB sowas:

"(1) Straßenverkehrsbehörden nach § 44 Abs. 1 Satz 1 der
Straßenverkehrs-Ordnung sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, die
Landkreise, der Stadtverband Saarbrücken, die Landeshauptstadt
Saarbrücken und die kreisfreien Städte."

?
Holger Pollmann
2007-04-21 12:26:18 UTC
Permalink
Post by Holger Pollmann
Ja, ein ziemliches seltsames. Da sind auch schon mal die Staedte
und Gemeinden, vertreten durch den (Ober)Buergermeister,
zustaendige Behoerden (Polizeigesetz BW). WTF?
Wieso "What the fuck"? In Hessen ist es sogar typischerweise ein
Kollegialorgan, das als Gefahrenabwehrbehoerde taetig wird,
naemlich der Gemeindevorstand (in Staedten: Magistrat). Der
Gemeindevorstand ist auch nach aussen hin das Vertretungsorgan der
Gemeinde, beinahe saemtliche Vertraege o.ae., die die Gemeinde
abschliesst, werden ebenfalls vom Gemeindevorstand abgeschlossen,
wie auch er typischerweise die Verwaltungsakte erlaesst usw.
Ja, aber die Gemeinde ist keine Behoerde, jedenfalls IMO.
Nach § 1 II HVwVfG ist eine Behörde eine Stelle, die Aufgaben der
öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Das ist auch eine Gemeinde.

Wenn der Gemeindevorstand handelt, handelt er eben nicht für sich,
sondern für die Gemeinde.
"(1) Strassenverkehrsbehoerden nach § 44 Abs. 1 Satz 1 der
Strassenverkehrs-Ordnung sind, soweit nichts anderes bestimmt ist,
die Landkreise, der Stadtverband Saarbruecken, die Landeshauptstadt
Saarbruecken und die kreisfreien Staedte."
?
Weil damit dise Gebeitskörperschaften zu den zuständigen Stellen werden.

Natürlich kann eine Stand als solche nicht handeln; dafür braucht es
eine Behörde, in der natürliche Personen für die Stadt handeln. Trotzdem
ist ein entsprechender Bescheid eben einer, den die Stadt erlassen hat
(durch ihre Behörde) und nicht etwa die Behörde.

So wie im Laden, wenn der Verkäufer mir was verkauft, der Vertrag mit
dem Ladeninhaber geschlossen wird und nicht mit dem Verkäufer.
--
( ROT-13 if you want to email me directly: ***@ervzjrexre.qr )
"Das saarl. VwVfG läßt eine Interpretation deutscher Gesetze nur dann
zu, wenn sie nicht eindeutig sind." Manfred Saar, Präsident
Apothekerkammer d. Saarlandes. heute-journal v. 8. August 2006.
Thomas Hochstein
2007-04-21 10:18:29 UTC
Permalink
Post by Erwin Denzler
Für uns Süddeutsche eher ungewohnt, treten in Norddeutschland Behörden
manchmal unter der Bezeichnung ihres Leiters auf.
Das ist die früher m.E. weithin übliche Form gewesen, die man in
letzter Zeit kaum noch liest.
Post by Erwin Denzler
Während hierzulande
einen Bußgeldbescheid z.B. die "Polizeiinspektion Nürnberg-Mitte"
erläßt, macht das in Berlin immer gleich "Der Polizeipräsident in
Berlin".
Ja, aber nicht der Polizeipräsident als Person, sondern die Behörde.
Post by Erwin Denzler
Meine Frage an die Norddeutschen: welche Anrede verwendet man da in der
Antwort?
Dieselbe wie sonst auch.
Post by Erwin Denzler
Wenn ich gegen den Bußgeldbescheid Bedenken habe, schreibe ich
"Sehr geehrter Herr Polizeipräsident in Berlin"
"Sehr geehrter Herr Polizeipräsident Glietsch"
Nein. Du würdest ja auch nicht "Sehr geehrte Polizeiinspektion
Nürnberg-Mitte" schreiben.

Entweder redest Du den Sachbearbeiter persönlich an, oder Du
beschränkst Dich auf "Sehr geehrte Damen und Herren", oder Du
kombinierst das als "Sehr geehrte Damen und Herren, Sehr geehrte Frau
Polizeihauptmeisterin Schmidt". Die persönliche Anrede ist oft nicht
sehr sinnvoll, weil Zuständigkeiten und Stellenbesetzungen schnell
einmal wechseln können.
Post by Erwin Denzler
Den Präsidenten anzureden ist natürlich doof, der liest es eh nicht.
Zum einen das, zum anderen erläßt den Bescheid ja auch gerade nicht
der Polizeipräsident als Person, sondern der Polizeipräsident als
Behörde.
Post by Erwin Denzler
Achja, hier würde ich schreiben "Sehr geehrte Damen und Herrn", weil ich
davon ausgehe, daß in der PI Nbg-Mitte mindestens jeweils 2 männliche
und weibliche Beamte beschäftigt sind, vielleicht auch "Sehr geehrte
Frau Schmidt", wenn ich sie kenne.
Genauso würde ich das auch hier tun.
Post by Erwin Denzler
Aber Absender ist hier ja die Inspektion, nicht der Präsident.
Aber nicht der Präsident als Person, sondern die gleichnamige Behörde.
: )

-thh
--
Deutsches Bundesrecht: <http://www.gesetze-im-internet.de/>
Juristische Informationstexte: <http://th-h.de/infos/jura/>
Linkverzeichnis von Gesetzestexten: <http://rechtliches.de/>
Verbreitete Gesetzestexte im Volltext: <http://dejure.org/>
Erwin Denzler
2007-04-21 21:21:33 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Zum einen das, zum anderen erläßt den Bescheid ja auch gerade nicht
der Polizeipräsident als Person, sondern der Polizeipräsident als
Behörde.
Genau das ist das sprachliche Problem für jemand aus Bayern
(Süddeutschland war wohl falsch, da es in BW offenbar ähnliche
Konstruktionen wie in Berlin gibt). Bei uns ist "Der (der?)
Polizeipräsident" ein Mensch. "Die Bayerische Polizei" - also das was in
Berlin "Der Polizeipräsident" (auch) ist "sind die im Vollzugsdienst
tätigen Dienstkräfte der Polizei des Freistaates Bayern" (Art. 1 PAG),
was natürlich so etwas wie ein Zirkelschluss ist, wenn man das Wort
"Polizei" verwendet in der Definition für eben diesen Begriff.

"Behörden" müßten hier wohl die Inspektionen, Direktionen und Präsidien
sein. "Behörde" einer Kommune kann zwar vielleicht auch mal "der
Landrat" oder "der Bürgermeister" sein, wenn genau dieser eine Aufgabe
zu erfüllen hat, aber den Antrag auf Sozialhilfe bearbeitet "das
Sozialamt", den Führerschein stellt "das Straßenverkehrsamt" aus,
jeweils als Organ "der Stadt" oder "des Landkreises" (oder Landratsamtes?).

Interessant ist in dem von Jens Müller genanten Link zur Uni
Saarbrücken, daß dort zwar die verklagte Behörde nach einer Neuwahl sich
von "Der Bürgermeister" in "Die Bürgermeisterin" umwandeln kann, aber
keine Rechtsnachfolge vorliegt.

Also gut, ich schreib beim nächsten Knöllchen aus Berlin zwar an "Den
Polizeipräsidenten", rede ihn aber mit "Sehr geehrte Damen und Herrn" an :)

Da hier auch am Rande das Thema aufkam, ob die Behörden im Norden oder
im Süden mehr zum obrigkeitsartigen Gehabe neigen: vor wenigen Tagen
rief mich jemand aus Lübeck an. Nach ein paar Sätzen fragte ich
verwundert nach, ob er denn wirklich aus Lübeck ist, er klingt doch eher
nach Südbayern. "Ich stamme aus Regensburg", sagte er, "und da will ich
auch so schnell wie möglich wieder hin. Sie können sich nicht
vorstellen, wie die Ämter hier in Schleswig-Holstein mit einem umgehen."

Zweites Beispiel: vor einigen Monaten telefonierte ich mit einem
Kollegen aus Hannover. Ich erzählte ihm, daß mich kurz nach Abgabe der
Steuererklärung meine Finanzbeamtin angerufen hatte, und daß sie mir
neben einer Nachfrage ihrerseits sehr freundlich und hilfsbereit gleich
vorgerechnet hatte, welche Variante für mich günstiger ist. Der
niedersächsische Kollege war baff erstaunt und meinte, bei ihm meldet
sich das Finanzamt nur, um Pfändungen anzudrohen.

Sind natürlich nur zwei Einzelfälle.

E.D.



E.D.
Jens Müller
2007-04-21 21:40:25 UTC
Permalink
Post by Erwin Denzler
"Behörden" müßten hier wohl die Inspektionen, Direktionen und Präsidien
sein. "Behörde" einer Kommune kann zwar vielleicht auch mal "der
Landrat" oder "der Bürgermeister" sein, wenn genau dieser eine Aufgabe
zu erfüllen hat, aber den Antrag auf Sozialhilfe bearbeitet "das
Sozialamt", den Führerschein stellt "das Straßenverkehrsamt" aus,
jeweils als Organ "der Stadt" oder "des Landkreises" (oder Landratsamtes?).
Kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Ich werde mal bei
Gelegenheit in bayerische Zuständigkeitsregelungen gucken ...

Behörde ist dann von mir aus das "Bürgermeisteramt" oder so. Das
Straßenverkehrsamt ist nur eine rechtlich unselbständige Abteilung davon.
Post by Erwin Denzler
Interessant ist in dem von Jens Müller genanten Link zur Uni
Saarbrücken, daß dort zwar die verklagte Behörde nach einer Neuwahl sich
von "Der Bürgermeister" in "Die Bürgermeisterin" umwandeln kann, aber
keine Rechtsnachfolge vorliegt.
Ist ja auch die gleiche Behörde ...
Post by Erwin Denzler
Also gut, ich schreib beim nächsten Knöllchen aus Berlin zwar an "Den
Polizeipräsidenten", rede ihn aber mit "Sehr geehrte Damen und Herrn" an :)
Da hier auch am Rande das Thema aufkam, ob die Behörden im Norden oder
im Süden mehr zum obrigkeitsartigen Gehabe neigen: vor wenigen Tagen
rief mich jemand aus Lübeck an. Nach ein paar Sätzen fragte ich
verwundert nach, ob er denn wirklich aus Lübeck ist, er klingt doch eher
nach Südbayern. "Ich stamme aus Regensburg", sagte er, "und da will ich
auch so schnell wie möglich wieder hin. Sie können sich nicht
vorstellen, wie die Ämter hier in Schleswig-Holstein mit einem umgehen."
Kommt noch das Beispiel, _wie_ die mit einem umgehen?

[...]
Post by Erwin Denzler
Sind natürlich nur zwei Einzelfälle.
Eben. Mir ist unangenehm aufgefallen, daß man hier ziemlich lax mit dem
Gesetz umgeht.

Beispiel: Bestimmte Wahlfehler bei der Kommunalwahl sah man nicht als
solche, der Wahlprüfungsausschuß des Bundestages hat sie bei der
gleichzeitig stattfindenden Wahl zum EP sehr wohl gesehen. Und so
uninformiert wie hier waren die Wahlhelfer bei mir zu Hause in S-H auch
nicht.

Und gerade die Stadt Karlsruhe als Versammlungs- und Polizeibehörde hat
doch auch teilweise sehr fragwürdige Maßnahmen getroffen. Ein Stichwort
zB: Punkverbot. Na gut, bei Versammlungen ist es ja anscheinend normal,
überzogene Auflagen zu erlassen, die das Verwaltungsgericht dann
rechtzeitig vorher aufhebt. Aber das sind uU auch persönliche Verdienste
von Herrn Behnle, der jetzt im Ruhestand ist. Der hat doch sehr getan,
was _er_ wollte, nach Gutsherrenart. U.U. gerade, weil er nicht
behaupten mußte, daß im Namen des Oberbürgermeisters zu tun.
Holger Pollmann
2007-04-22 00:48:02 UTC
Permalink
Post by Erwin Denzler
"Behörden" müßten hier wohl die Inspektionen, Direktionen und
Präsidien sein. "Behörde" einer Kommune kann zwar vielleicht auch
mal "der Landrat" oder "der Bürgermeister" sein, wenn genau dieser
eine Aufgabe zu erfüllen hat, aber den Antrag auf Sozialhilfe
bearbeitet "das Sozialamt", den Führerschein stellt "das
Straßenverkehrsamt" aus, jeweils als Organ "der Stadt" oder "des
Landkreises" (oder Landratsamtes?).
Art. 34 I 1 BayLKO:

| Der Landrat erledigt in eigener Zuständigkeit
|
| 1. die laufenden Angelegenheiten, die für den Landkreis keine
| grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen
| Verpflichtungen erwarten lassen,
| 2. die Angelegenheiten des Landkreises, die im Interesse der
| Sicherheit der Bundesrepublik oder eines ihrer Länder
| geheimzuhalten sind.

Von Art. 35 gar nicht zu reden...
--
( ROT-13 if you want to email me directly: ***@ervzjrexre.qr )
"Das saarl. VwVfG läßt eine Interpretation deutscher Gesetze nur dann zu,
wenn sie nicht eindeutig sind." Manfred Saar, Präsident Apothekerkammer d.
Saarlandes. heute-journal v. 8. August 2006.
Sven C. Berger
2007-04-22 12:21:39 UTC
Permalink
Post by Thomas Hochstein
Post by Erwin Denzler
Für uns Süddeutsche eher ungewohnt, treten in Norddeutschland Behörden
manchmal unter der Bezeichnung ihres Leiters auf.
Das ist die früher m.E. weithin übliche Form gewesen, die man in
letzter Zeit kaum noch liest.
Nach Klemperer ("LTI – Notizbuch eines Philologen") ist dieses Auftreten
ein Spezifikum der Sprache des Dritten Reiches, d. h. es war vor 1933
auch nicht weithin üblich.

Ciao,
Sven
Niels Bock
2007-04-23 11:22:20 UTC
Permalink
Post by Sven C. Berger
Post by Thomas Hochstein
Post by Erwin Denzler
Für uns Süddeutsche eher ungewohnt, treten in Norddeutschland Behörden
manchmal unter der Bezeichnung ihres Leiters auf.
Das ist die früher m.E. weithin übliche Form gewesen, die man in
letzter Zeit kaum noch liest.
Nach Klemperer ("LTI – Notizbuch eines Philologen") ist dieses Auftreten
ein Spezifikum der Sprache des Dritten Reiches, d. h. es war vor 1933
auch nicht weithin üblich.
Das halte ich für nicht zutreffend. M. W. war "Der Oberpräsident der
Provinz XY" in Preußen schon im 19. Jahrhundert und damit vor 1933 eine
übliche Behördenbezeichnung.

Niels
--
L: 18.36 °C |W: 8.79 °C |Wi: 4.1 m/s |PüNN: 0.03 m |12:33 Uhr
Wolfgang May
2007-04-21 11:06:21 UTC
Permalink
Post by Erwin Denzler
Für uns Süddeutsche eher ungewohnt, treten in Norddeutschland Behörden
manchmal unter der Bezeichnung ihres Leiters auf. Während hierzulande
einen Bußgeldbescheid z.B. die "Polizeiinspektion Nürnberg-Mitte"
erläÂßt, macht das in Berlin immer gleich "Der Polizeipräsident in
Berlin". In Bayern bekommt man als Normal-Bürger nahezu nie Post vom
Polizeipräsidenten, höchstens mal von einem Kommissar.
Ähnlich scheint es in anderen nördlichen Ländern bei der
Kommunalverwaltung zu sein, da hat man es nicht einfach mit dem
Sozialamt oder Verkehrsamt zu tun, sondern immer gleich mit "Der
Oberstadtdirektor". Was wohl fast so etwas hohes ist wie eine bayerische
Landrätin.
Ich weiß, dahinter steckt ein anderes Verwaltungsverständnis.
Ja, die althergebrachte Gutsherrenart.

Der "Praesident des XXX", "Leiter des YYY", "Sprecher des ZZZ" wird
hier nicht in der Funktion gesehen, dass diese Person die
Aufgabe/Verantwortung uebernimmt, im Sinne der Einrichtung und ihrer
Mitglieder/Angehoerigen/Funktion zu entscheiden und zu handeln,
sondern ist prinzipell eher mit der Machtfuelle der jeweiligen
Institution ausgestattet, und nutzt diese ("mit Recht", da er ja als
wuerdig erkannt wurde) dazu, seine persoenlichen Vorstellungen
umzusetzen (und natuerlich auch um einem seiner Guenstlinge als
Nachfolger den Weg zu ebnen - dies sorgt auch fuer die notwendige
Hoerigkeit der aufstrebenden juengeren Untergebenen).

Bei einem Polizeipraesidenten mag das im einzelnen noch durch Gesetze
reglementiert sein, in vielen anderen Verwaltungsstrukturen ist es einfach
nur finster.

In diesem Verstaendnis sind alle Schreiben auch nicht mit der Funktion
der jeweiligen subalternen Stelle, sondern mit "Der Gutsherr"
unterzeichnet, damit die Untertanen gleich wissen, dass der Obermufti
gesprochen hat, und die Diskussion damit erledigt ist. Die mitgeteilte
Entscheidung ist damit per se richtig.

Es "spart" viele Diskussionen, fuehrt aber in der Regel wegen wenig
nachhaltigen Ueberlegungen zu suboptimalen Ergebnissen (die sich
schlussendlich z.B. im Laenderfinanzausgleich zeigen).
Post by Erwin Denzler
Meine Frage an die Norddeutschen: welche Anrede verwendet man da in der
Antwort? Wenn ich gegen den Bußgeldbescheid Bedenken habe, schreibe ich
Vergiss es. Als norddeutscher Untertan hast Du in dieser Situation
nichts zu schreiben. Basta. [Dieses "Basta" von Gerhard Schroeder
spiegelt das dahinterliegende Verstaendnis perfekt wider]. Ansonsten
wirst Du einfach die Antwort bekommen "Hiermit lehne ich Ihren
Antrag/Einwand ab [Unterton: Wie kommen Sie ueberhaupt dazu, die von
mir, dem Polizeipraesidenten, getroffene Entscheidung anzuzweifeln]".

Ich wuerde "Sehr geehrte Damen und Herren" schreiben. Die Form ist
naemlich grundsaetzlich vollstaendig egal. Entweder man wird sich Dir
gnaedig erweisen, oder halt nicht.

Wolfgang,
Sueddeutscher in Norddeutschland
Holger Pollmann
2007-04-21 12:16:39 UTC
Permalink
Post by Wolfgang May
In diesem Verstaendnis sind alle Schreiben auch nicht mit der
Funktion der jeweiligen subalternen Stelle, sondern mit "Der
Gutsherr" unterzeichnet, damit die Untertanen gleich wissen, dass
der Obermufti gesprochen hat, und die Diskussion damit erledigt
ist. Die mitgeteilte Entscheidung ist damit per se richtig.
Das ist jetzt irgendwie Bullshit. Mal abgesehen davon, daß auch in
südlichen Landen "der Landrat" unter Bescheiden steht, ist es schlicht
eine Frage, wie die Behörde heißt. Wenn nach dem Gesetz der Landrat, der
Oberbürgermeister oder der Präsident (bspw. einer Universität) für
irgend etwas zuständig ist, dann ist er das eben. Daß er nicht alles
selbst macht, sondern Mitarbeiter hat, die ihm die eigentliche Arbeit
teilweise abnehmen, ändert nichts daran, daß sie für ihn handeln und er
den Quark zu vertreten hat, den sie verzapfen.

Und das ist auch ganz normal. Wenn dir in einem Laden ein Mitarbeiter
ein Brot verkauft, dann tut er das auch nicht für sich selbst, sondern
er vertritt dabei den Ladeninhaber. Und auf deinem Kassenbon steht auch
nicht (zumindest nicht ausschließlich) "Verkäufer Herr Meier", sondern
da steht dann typischerweise oben der Laden drauf.
Post by Wolfgang May
Vergiss es. Als norddeutscher Untertan hast Du in dieser Situation
nichts zu schreiben. Basta. [Dieses "Basta" von Gerhard Schroeder
spiegelt das dahinterliegende Verstaendnis perfekt wider].
Viel besser als in süddeutschen Landen. Von uns Erwin dem Teufel rede
ich jetzt gar nicht, da geht's viel besser. da gibt es dann hochgelobte
Ministerpräsidenten in Bayern, die sich öffentlich hinstellen und (in
etwa) sagen "Ich scheiß' drauf, was das Bundesverfassungsorgan
Bundesverfassungsgericht sagt, in Bayern bleiben die Kreuze hängen".

DAS ist Obermufti in Reinform.
Post by Wolfgang May
Ansonsten wirst Du einfach die Antwort bekommen "Hiermit lehne ich
Ihren Antrag/Einwand ab [Unterton: Wie kommen Sie ueberhaupt dazu,
die von mir, dem Polizeipraesidenten, getroffene Entscheidung
anzuzweifeln]".
Viel besser natürlich die noch viel pampigeren Antworten, die man im
Ländle gerne kriegt: "nah, des kennet mer it moche. D's hennet mer ja no
nei do mal do. Un do tät'ch d'Scheff froge müss', aber der isch hoit it
da, drum kennet mer's it moche.".



Du solltest vielleicht mal an deinen Vorurteilen arbeiten.
--
( ROT-13 if you want to email me directly: ***@ervzjrexre.qr )
"Das saarl. VwVfG läßt eine Interpretation deutscher Gesetze nur dann
zu, wenn sie nicht eindeutig sind." Manfred Saar, Präsident
Apothekerkammer d. Saarlandes. heute-journal v. 8. August 2006.
Wolfgang May
2007-04-21 13:00:43 UTC
Permalink
Post by Holger Pollmann
Post by Wolfgang May
In diesem Verstaendnis sind alle Schreiben auch nicht mit der
Funktion der jeweiligen subalternen Stelle, sondern mit "Der
Gutsherr" unterzeichnet, damit die Untertanen gleich wissen, dass
der Obermufti gesprochen hat, und die Diskussion damit erledigt
ist. Die mitgeteilte Entscheidung ist damit per se richtig.
Das ist jetzt irgendwie Bullshit. Mal abgesehen davon, daß auch in
südlichen Landen "der Landrat" unter Bescheiden steht, ist es schlicht
eine Frage, wie die Behörde heißt. Wenn nach dem Gesetz der Landrat, der
Oberbürgermeister oder der Präsident (bspw. einer Universität) für
irgend etwas zuständig ist, dann ist er das eben. Daß er nicht alles
selbst macht, sondern Mitarbeiter hat, die ihm die eigentliche Arbeit
teilweise abnehmen, ändert nichts daran, daß sie für ihn handeln und er
den Quark zu vertreten hat, den sie verzapfen.
Dass rechtlich gesehen beides in Ordnung ist, habe ich nie bezweifelt.
Der Punkt ist, dass hinter den unterschiedlichen Formulierungen eine
sehr unterschiedliche Denke steht.
Post by Holger Pollmann
Und das ist auch ganz normal. Wenn dir in einem Laden ein Mitarbeiter
ein Brot verkauft, dann tut er das auch nicht für sich selbst, sondern
er vertritt dabei den Ladeninhaber. Und auf deinem Kassenbon steht auch
nicht (zumindest nicht ausschließlich) "Verkäufer Herr Meier", sondern
da steht dann typischerweise oben der Laden drauf.
Der Vergleich hinkt ziemlich, aber selbst wenn er nicht hinken wuerde,
waere er inhaltlich untauglich. Du siehst aber den Unterschied, ob da steht

Baeckerei Mueller, Verkaeuferin Meier
Finanzamt XY, Finanzraetin Meier
oder
Baeckerei Mueller, Verkaeufer: Ernst-August Mueller
Finanzamt XY, Der Praesident des Finanzamtes XY
Post by Holger Pollmann
Post by Wolfgang May
Ansonsten wirst Du einfach die Antwort bekommen "Hiermit lehne ich
Ihren Antrag/Einwand ab [Unterton: Wie kommen Sie ueberhaupt dazu,
die von mir, dem Polizeipraesidenten, getroffene Entscheidung
anzuzweifeln]".
Viel besser natürlich die noch viel pampigeren Antworten, die man im
Ländle gerne kriegt: "nah, des kennet mer it moche. D's hennet mer ja no
nei do mal do. Un do tät'ch d'Scheff froge müss', aber der isch hoit it
da, drum kennet mer's it moche.".
Immerhin ist das eine Antwort, und der Versuch einer Begruendung.
Post by Holger Pollmann
Du solltest vielleicht mal an deinen Vorurteilen arbeiten.
Leider sind es keine Vorurteile. Ich kenne sowohl den Umgang mit Behoerden
und aehnlichem im "Laendle", als auch hier =:((

Wolfgang
Holger Pollmann
2007-04-21 15:29:13 UTC
Permalink
Post by Wolfgang May
Post by Holger Pollmann
Und das ist auch ganz normal. Wenn dir in einem Laden ein
Mitarbeiter ein Brot verkauft, dann tut er das auch nicht für sich
selbst, sondern er vertritt dabei den Ladeninhaber. Und auf deinem
Kassenbon steht auch nicht (zumindest nicht ausschließlich)
"Verkäufer Herr Meier", sondern da steht dann typischerweise oben
der Laden drauf.
Der Vergleich hinkt ziemlich, aber selbst wenn er nicht hinken
wuerde, waere er inhaltlich untauglich.
Eigentlich paßt er ziemlich gut, finde ich.
Post by Wolfgang May
Du siehst aber den Unterschied, ob da steht
Baeckerei Mueller, Verkaeuferin Meier
Finanzamt XY, Finanzraetin Meier
oder
Baeckerei Mueller, Verkaeufer: Ernst-August Mueller
Finanzamt XY, Der Praesident des Finanzamtes XY
Das ist ziemlich untauglich. Sinnvoller wäre

Bäckerei Müller, Verkäuferin Meier
Landratsamt XY, Sachbearbeiterin Meier

und

Klaus Müller, Bäcker, es bediente sie: Frau Meier
Der Landrat des Landkreises XY, Sachberarbeiterin Meier

Wenn es eben nicht das Landratsamt, sondern der Landrat ist, der einen
Bescheid erläßt, darf man nicht drauf- und drunterschreiben "das
Landratsamt XY", den das erläßt den Bescheid nicht.
Post by Wolfgang May
Post by Holger Pollmann
Viel besser natürlich die noch viel pampigeren Antworten, die man
im Ländle gerne kriegt: "nah, des kennet mer it moche. D's hennet
mer ja no nei do mal do. Un do tät'ch d'Scheff froge müss', aber
der isch hoit it da, drum kennet mer's it moche.".
Immerhin ist das eine Antwort, und der Versuch einer Begruendung.
Nur kriegst du das ganz genauso in Nord-, West- und Ostdeutschland.

Hingegen ist mir (das ist jetzt allerdings nicht mehr behördenbezogen) in
Norddeutschland folgendes noch nie passiert:

Ich: I' hätt' gern zwoa Weckle.
B: Wat woll'n Se?
Ich: Weckle.
B: Hamma nich'.
Ich: Was isch'n des do?
B: Ach, Sie woll'n Brötchen?
Ich: Ja, Brödschen.
B: Brö-T-ch-en.
Ich: Ja, Brötchen.
B: Kein Problem.

Wohl ist mir folgendes im Ländle schon passiert:

Ich: Guten Morgen, ich hätte gerne fünf Brötchen.
B: Wos?
Ich: Fünf Brötchen.
B: Kenn I it. Hennet mer net.
Ich: und was ist das da?
B: Ach, Wecken wollet Se!
Ich: Ja, fünf.
B: Also fünf Weckle.
Post by Wolfgang May
Post by Holger Pollmann
Du solltest vielleicht mal an deinen Vorurteilen arbeiten.
Leider sind es keine Vorurteile. Ich kenne sowohl den Umgang mit
Behoerden und aehnlichem im "Laendle", als auch hier =:((
Ich auch. Ich kenne sogar mehrere Stufen: Niedersachen, Nordrhein-
Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern.

Blöde und freundliche Menschen gibt's überall. ich persönlich würde aber
sagen, daß die Leute im Norden tendentiell offener sind.

Die Schulbildung in Baden-Württemberg ist übrigens auch nicht so gut wie
ihr Ruf.
--
( ROT-13 if you want to email me directly: ***@ervzjrexre.qr )
"Sie tragen Trauer? Der Untergang der DDR?" - "Nein, Leni Riefenstahl.
Der Führer hat sie zu sich genommen." -- Abschiedsshow Scheibenwischer,
02.10.2003
Wolfgang May
2007-04-21 22:58:15 UTC
Permalink
Post by Holger Pollmann
Post by Wolfgang May
Post by Holger Pollmann
Und das ist auch ganz normal. Wenn dir in einem Laden ein
Mitarbeiter ein Brot verkauft, dann tut er das auch nicht für sich
selbst, sondern er vertritt dabei den Ladeninhaber. Und auf deinem
Kassenbon steht auch nicht (zumindest nicht ausschließlich)
"Verkäufer Herr Meier", sondern da steht dann typischerweise oben
der Laden drauf.
Der Vergleich hinkt ziemlich, aber selbst wenn er nicht hinken
wuerde, waere er inhaltlich untauglich.
Eigentlich paßt er ziemlich gut, finde ich.
Zum einen schon mal nicht, weil es in dem Thread um Behoerden und
nicht um Privatwirtschaft ging.
Post by Holger Pollmann
Post by Wolfgang May
Du siehst aber den Unterschied, ob da steht
Baeckerei Mueller, Verkaeuferin Meier
Finanzamt XY, Finanzraetin Meier
oder
Baeckerei Mueller, Verkaeufer: Ernst-August Mueller
Finanzamt XY, Der Praesident des Finanzamtes XY
Das ist ziemlich untauglich. Sinnvoller wäre
Bäckerei Müller, Verkäuferin Meier
Landratsamt XY, Sachbearbeiterin Meier
und
Klaus Müller, Bäcker, es bediente sie: Frau Meier
steht da aber ueblicherweise nicht, sondern "Baeckerei Mueller"
Post by Holger Pollmann
Der Landrat des Landkreises XY, Sachberarbeiterin Meier
Eben, und die Sachbearbeiterin wird nicht aufgefuehrt, sondern
es wird so getan, als haette der Obermufti es persoenlich bearbeitet.
Post by Holger Pollmann
Wenn es eben nicht das Landratsamt, sondern der Landrat ist, der einen
Bescheid erläÂßt, darf man nicht drauf- und drunterschreiben "das
Landratsamt XY", den das erläÂßt den Bescheid nicht.
Post by Wolfgang May
Post by Holger Pollmann
Viel besser natürlich die noch viel pampigeren Antworten, die man
im Ländle gerne kriegt: "nah, des kennet mer it moche. D's hennet
mer ja no nei do mal do. Un do tät'ch d'Scheff froge müss', aber
der isch hoit it da, drum kennet mer's it moche.".
Immerhin ist das eine Antwort, und der Versuch einer Begruendung.
Nur kriegst du das ganz genauso in Nord-, West- und Ostdeutschland.
Hingegen ist mir (das ist jetzt allerdings nicht mehr behördenbezogen) in
Ich: I' hätt' gern zwoa Weckle.
Hast Du das denn schon probiert? Oder immer nur brav-hannoversch-hochdeutsch?
Post by Holger Pollmann
B: Wat woll'n Se?
Ich: Weckle.
B: Hamma nich'.
Ich: Was isch'n des do?
B: Ach, Sie woll'n Brötchen?
Ich: Ja, Brödschen.
B: Brö-T-ch-en.
Ich: Ja, Brötchen.
B: Kein Problem.
Ich: Guten Morgen, ich hätte gerne fünf Brötchen.
B: Wos?
Ich: Fünf Brötchen.
B: Kenn I it. Hennet mer net.
Ich: und was ist das da?
B: Ach, Wecken wollet Se!
Ich: Ja, fünf.
B: Also fünf Weckle.
IMHO ein Sprachproblem. Wobei Dein "badischer" Dialekt auch sehr
reigschmeckt klingt. Lass es.

Wenn ein Bayer in Hannover in eine Baeckerei geht, und
"homsmerzwoawecke?" sagt, wird er ebensowenig verstanden (aber auf
Lebzeiten ob seiner ungehobelten nicht-hochdeutschen Sprache
verachtet). Im uebrigen habe ich festgestellt, dass die ortsansaessige
Bevoelkerung oft eine sueddeutsche Klangfaerbung nicht von einer
ostdeutschen unterscheiden kann. Ich wurde schon mehrmals -abschaetzig-
gefragt, ob ich aus den neuen Bundeslaendern waere.
Post by Holger Pollmann
Post by Wolfgang May
Post by Holger Pollmann
Du solltest vielleicht mal an deinen Vorurteilen arbeiten.
Leider sind es keine Vorurteile. Ich kenne sowohl den Umgang mit
Behoerden und aehnlichem im "Laendle", als auch hier =:((
Ich auch. Ich kenne sogar mehrere Stufen: Niedersachen, Nordrhein-
Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern.
Blöde und freundliche Menschen gibt's überall. ich persönlich würde aber
sagen, daß die Leute im Norden tendentiell offener sind.
Vordergruendig vielleicht (wobei IMHO eher ein Unterschied zwischen
laendlicher und staedtischer Umgebung besteht).
Hintergruendig findet man einen sehr ausgepraegten Standesduenkel
und soziales Klassen- und Hierarchiedenken. Im badischen und
wuerttembergischen wird Fleiss und Arbeit IMHO durchaus geachtet,
hier eher verachtet. Sowas hat man nicht noetig.
Post by Holger Pollmann
Die Schulbildung in Baden-Württemberg ist übrigens auch nicht so gut wie
ihr Ruf.
Auch diese Ansicht teile ich nicht. Im Gegenteil. Ich bin froh, dass
meine Eltern mich rechtzeitig ins sueddeutsche Exil verfrachtet haben
und ich das (Nord)hessische und auch in Niedersachsen stark vertretene
Gesamtschul(un)wesen nicht als Schueler von innen erleben musste. _Da_
passt sich alles dem niedrigsten verfuegbaren Niveau an. Aus meinen
aktuellen Aktivitaeten muss ich feststellen, dass gerade diskutiert
wird, der Informatik in der gymnasialen Ausbildung den Stellenwert zu
geben, den sie in BaWue Mitte der 80er Jahre hatte.

Wolfgang
Holger Pollmann
2007-04-22 00:37:04 UTC
Permalink
Post by Wolfgang May
Post by Holger Pollmann
Post by Wolfgang May
Der Vergleich hinkt ziemlich, aber selbst wenn er nicht hinken
wuerde, waere er inhaltlich untauglich.
Eigentlich paßt er ziemlich gut, finde ich.
Zum einen schon mal nicht, weil es in dem Thread um Behoerden und
nicht um Privatwirtschaft ging.
Die Vertreung juristischer Personen des öffentlichen Rechts läuft vom
prinzip her nicht anders als die vertreung von Personen des
Privatrechts.
Post by Wolfgang May
Post by Holger Pollmann
Post by Wolfgang May
Du siehst aber den Unterschied, ob da steht
Baeckerei Mueller, Verkaeuferin Meier
Finanzamt XY, Finanzraetin Meier oder
Baeckerei Mueller, Verkaeufer: Ernst-August Mueller
Finanzamt XY, Der Praesident des Finanzamtes XY
Das ist ziemlich untauglich. Sinnvoller wäre
Bäckerei Müller, Verkäuferin Meier
Landratsamt XY, Sachbearbeiterin Meier
und
Klaus Müller, Bäcker, es bediente sie: Frau Meier
steht da aber ueblicherweise nicht, sondern "Baeckerei Mueller"
Eigentlich steht das meistens nur dan, wenn das Unternehmen eben so
heißt. Und dann ist es natürlich sinnvoll, auch den Unternehmensnamen
hinzuschreiben.
Post by Wolfgang May
Post by Holger Pollmann
Der Landrat des Landkreises XY, Sachberarbeiterin Meier
Eben, und die Sachbearbeiterin wird nicht aufgefuehrt, sondern
es wird so getan, als haette der Obermufti es persoenlich
bearbeitet.
Also, auf den meisten Bescheiden, die ich so kenne, steht der
Sachbearbeiter mit drauf. Auch im Norden. Und auch im Süden steht eben
drauf "der Landrat" und nicht "Sachbearbeiterin Meier für das
Landratsamt" o.ä.
Post by Wolfgang May
Post by Holger Pollmann
Hingegen ist mir (das ist jetzt allerdings nicht mehr
Ich: I' hätt' gern zwoa Weckle.
Hast Du das denn schon probiert? Oder immer nur
brav-hannoversch-hochdeutsch?
Mit Brötchen nicht, nein.
Post by Wolfgang May
Post by Holger Pollmann
Ich: Guten Morgen, ich hätte gerne fünf Brötchen.
B: Wos?
Ich: Fünf Brötchen.
B: Kenn I it. Hennet mer net.
Ich: und was ist das da?
B: Ach, Wecken wollet Se!
Ich: Ja, fünf.
B: Also fünf Weckle.
IMHO ein Sprachproblem. Wobei Dein "badischer" Dialekt auch sehr
reigschmeckt klingt. Lass es.
Ähm... ICH bin "Ich". B ist die Bäckerin.

Die gute Dame hat sich strikt geweigert, mir Brötchen zu verkaufen,
obwohl klar war, daß sie ganz genau wußte, was Brötchen sind. Aber sie
verkauft eben keine "Brötchen", sondern nur "Wecken".

Das war kein Sprachproblem. Die Dame war stur und hatte anscheinend in
der tat was Gegen Reing'schmeckte.
Post by Wolfgang May
Wenn ein Bayer in Hannover in eine Baeckerei geht, und
"homsmerzwoawecke?" sagt, wird er ebensowenig verstanden (aber auf
Lebzeiten ob seiner ungehobelten nicht-hochdeutschen Sprache
verachtet).
Wenn er aber langsam sagt "Hoben Sie mir moa wzoa Semmeln", wird er
seine Brötchen kriegen.
Post by Wolfgang May
Im uebrigen habe ich festgestellt, dass die ortsansaessige
Bevoelkerung oft eine sueddeutsche Klangfaerbung nicht von einer
ostdeutschen unterscheiden kann. Ich wurde schon mehrmals
-abschaetzig- gefragt, ob ich aus den neuen Bundeslaendern waere.
Da sind natürlich die Schwaben viel besser, für die alles nördlich des
Mains definitiv Fischköpfe sind, obwohl die meisten von dene vermutlich
schon öfter am Meer waren als ich.
Post by Wolfgang May
Hintergruendig findet man einen sehr ausgepraegten Standesduenkel
und soziales Klassen- und Hierarchiedenken.
Wuaha.

Im Ländle etwa nicht? Die Leute kriegen da doch das Statusdenken mit der
Muttermilch eingeflößt. Die Herren Chefs fahren selbst dann noch ihre
dicken Benze durch die Gegend, wenn sie Insolvenz anmelden müssen, und
wehe, der Nachbar muß vielleicht eine osteuropäische Putzfrau
einstellen...
Post by Wolfgang May
Im badischen und wuerttembergischen wird Fleiss und Arbeit IMHO
durchaus geachtet,
Und der Geiz frißt die Leute auf...
Post by Wolfgang May
Post by Holger Pollmann
Die Schulbildung in Baden-Württemberg ist übrigens auch nicht so
gut wie ihr Ruf.
Auch diese Ansicht teile ich nicht. Im Gegenteil.
Nun, alle in Nordrhein-Westfalen haben ziemlich laut gelacht, als ich
erzählt habe, daß ein Drittel meiner Abiturklausurnote im Leistungskurs
(!) Englisch das Ergebnis einer Übersetzung Englisch-Deutsch war.

In Nordrhein-Westfalen hätte man, zumindest damals, eine Abiturklausur,
die so etwas lächerliches wie eine Übersetzung enthielt, vermutlich
nicht mal genehmigt bekommen.

Im Mathe-LK an meiner alten Schule hatten sie komplexe Zahlen in der
Abiturklausur; wir hingegen hatten in der Oberstufe die komplexen Zahlen
nicht einmal durchgenommen.

Der Lateinunterricht war durchaus anspruchsvoll, aber der
Schwierigkeitsgrad der Klausuren war höchstens halb so hoch wie in NRW.

...usw.
--
( ROT-13 if you want to email me directly: ***@ervzjrexre.qr )
"Das saarl. VwVfG läßt eine Interpretation deutscher Gesetze nur dann
zu, wenn sie nicht eindeutig sind." Manfred Saar, Präsident
Apothekerkammer d. Saarlandes. heute-journal v. 8. August 2006.
Martin Bienwald
2007-04-24 11:04:11 UTC
Permalink
Post by Wolfgang May
Im uebrigen habe ich festgestellt, dass die ortsansaessige
Bevoelkerung oft eine sueddeutsche Klangfaerbung nicht von einer
ostdeutschen unterscheiden kann. Ich wurde schon mehrmals -abschaetzig-
gefragt, ob ich aus den neuen Bundeslaendern waere.
Auch Baden-Württemberg (und das Saarland) könnte man als neues Bundesland
zählen ... ;-)

... Martin

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