Discussion:
Geiselnahme im Ausland - Wer muss zahlen?
(zu alt für eine Antwort)
Christian Abraham
2003-08-19 03:44:04 UTC
Permalink
Hallo,

inspiriert durch die Geiselfreigabe in der Sahara, stellen sich mir
die folgenden Fragen:

- Wer muß eigentlich das Lösegeld letztendlich zahlen?

- Gibt es dabei Unterschiede zwischen Geiselnahmen im In- und Ausland?

- Gibt es Unterschiede ob Geiselnahmen politisch motiviert sind oder
nicht?

Oder bleibt sogar im Zweifelsfall jede Geisel selber auf den Anteil
des gezahlten Lösegeldes sitzen und muß diese an den entsprechenden
Staat (hier Deutschland) zurückzahlen?

Grüße
Christian
--
Keine Aufregung. Nur meine Meinung.
Jann Thomsen
2003-08-19 05:44:00 UTC
Permalink
Post by Christian Abraham
- Wer muß eigentlich das Lösegeld letztendlich zahlen?
In den Nachrichten wurde gesagt das Mali das bezahlt hat.
Post by Christian Abraham
Oder bleibt sogar im Zweifelsfall jede Geisel selber auf den Anteil
des gezahlten Lösegeldes sitzen und muß diese an den entsprechenden
Staat (hier Deutschland) zurückzahlen?
Du meinst Deutschland erstattet Mali einen Anteil der dem deutscher
Geiseln entspricht? Das sollte mich stark wundern, der Staat darf nicht
erpressbar sein.

Wenn mal ein Staat zahlt dann um sein eigenes Ansehen zu bessern oder weil
es ihm ziemlich peinlich ist, aber das kommt doch nur bei Dritte-Welt
Staaten vor?

Da die Geisel ja auch keinerlei Auftrag/Vertretung/Bitte auf Zahlung eines
Loesegeldes erteilen/äußern konnte bleibt nur noch Geschaeftsfuehrung ohne
Auftrag denke ich, aber das scheint mir etwas weit hergeholt ...


mfg jann
Jens Sommer
2003-08-19 06:19:51 UTC
Permalink
Post by Jann Thomsen
Post by Christian Abraham
- Wer muß eigentlich das Lösegeld letztendlich zahlen?
In den Nachrichten wurde gesagt das Mali das bezahlt hat.
Post by Christian Abraham
Oder bleibt sogar im Zweifelsfall jede Geisel selber auf den Anteil
des gezahlten Lösegeldes sitzen und muß diese an den entsprechenden
Staat (hier Deutschland) zurückzahlen?
Du meinst Deutschland erstattet Mali einen Anteil der dem deutscher
Geiseln entspricht? Das sollte mich stark wundern, der Staat darf nicht
erpressbar sein.
Mit Sicherheit!!! Zwar wird die Regierung (bzw. das Land) nicht direkt
zahlen - also nicht als Lösegeldzahlung - aber man wird Mali sicher eine
großzügige "Entwicklungshilfe" zukommen lassen ;-)

Gruß
Jens
Post by Jann Thomsen
Wenn mal ein Staat zahlt dann um sein eigenes Ansehen zu bessern oder weil
es ihm ziemlich peinlich ist, aber das kommt doch nur bei Dritte-Welt
Staaten vor?
Da die Geisel ja auch keinerlei Auftrag/Vertretung/Bitte auf Zahlung eines
Loesegeldes erteilen/äußern konnte bleibt nur noch Geschaeftsfuehrung ohne
Auftrag denke ich, aber das scheint mir etwas weit hergeholt ...
mfg jann
Christian Abraham
2003-08-19 16:45:04 UTC
Permalink
Post by Jann Thomsen
Du meinst Deutschland erstattet Mali einen Anteil der dem deutscher
Geiseln entspricht? Das sollte mich stark wundern, der Staat darf nicht
erpressbar sein.
Weniger konkret bezogen auf diesen Fall, könnte es ja zum Beispiel
auch in Portugal passieren, daß ein Tourist von einer kriminellen
Bande oder einer paramilitärischen Einheit entführt wird und Lösegeld
fließt.

Wer zahlt das und muß man es zurückzahlen? Ich denke schon, oder?

Wie ist das bei Entführungen eines Deutschen in Deutschland, wenn z.B.
kein Vermögen bei der Familie des entführen vorhanden ist?

Wer springt dann ein?
Post by Jann Thomsen
Da die Geisel ja auch keinerlei Auftrag/Vertretung/Bitte auf Zahlung eines
Loesegeldes erteilen/äußern konnte bleibt nur noch Geschaeftsfuehrung ohne
Auftrag denke ich, aber das scheint mir etwas weit hergeholt ...
Wieso, mehr oder weniger läuft es doch darauf hinaus?
Post by Jann Thomsen
mfg jann
Grüße
Christian
--
Keine Aufregung. Nur meine Meinung.
Christian Konrad
2003-08-19 06:30:55 UTC
Permalink
Post by Christian Abraham
- Wer muß eigentlich das Lösegeld letztendlich zahlen?
Der Staat Mali zahlt das Lösegeld. Er bekommt es aber wohl durch
höhere Entwicklungsgelder aus D quasi erstattet.
Post by Christian Abraham
Oder bleibt sogar im Zweifelsfall jede Geisel selber auf den Anteil
des gezahlten Lösegeldes sitzen und muß diese an den
entsprechenden Staat (hier Deutschland) zurückzahlen?
Bei einigen Geiseln fände ich es richtig. "Leider" ist es hier nicht so.
Post by Christian Abraham
Grüße
Christian
Das kann ich sogar auch benutzen. ;o)
Post by Christian Abraham
Keine Aufregung. Nur meine Meinung.
s. o.
Joerg W Mittag
2003-08-19 14:09:11 UTC
Permalink
Post by Christian Abraham
inspiriert durch die Geiselfreigabe in der Sahara, stellen sich mir
- Wer muß eigentlich das Lösegeld letztendlich zahlen?
Da offiziell kein Loesegeld gezahlt wurde, niemand.

Inoffiziell sieht es wohl so aus, dass die Regierung von Mali ein
Loesegeld in der Groessenordnung eines einstelligen Millionenbetrages
(Euro) ueber einen Strohmann gezahlt hat und dieses dann in den
naechsten Jahren per Entwicklungshilfe, Darlehen etc. zurueckgezahlt
wird.

Interessanter als das Loesegeld sind die restlichen Kosten. Die vor
zwei Jahren auf den Philippinen entfuehrte Familie Wallert musste nach
ihrer Rueckkehr z.B. die durch die deutsche Botschaft gelieferten
Medikamente und andere Dienstleistungen im Wert von 13000 DM bezahlen.

<meinung>
Ich finde das auch durchaus in Ordnung. Die Fuersorgepflicht des
Staates hat irgendwo Grenzen. Auslaendische Regierungen beraten und
unterstuetzen, die Organisation der Rueckfuehrung und die
Rueckfuehrung selbst - das ist noch Okay. Aber Loesegelder oder
seltene Medikamente ... fuer sowas gibt es Entfuehrungsversicherungen.
Jeder deutsche Ingenieur, der in Suedamerika oder der Sahara arbeitet,
schliesst eine ab, wieso sollte das fuer Touristen nicht moeglich
sein?
</meinung>

jwm
Ralf Weber
2003-08-19 15:37:00 UTC
Permalink
Entfuehrungsversicherungen?

ich wußte gar nicht, dass es sowas gibt.
Also dann sieht die Sache etwas anders aus. Dann sollte man durchaus erwägen
solchen Touristen die Kosten auszubürden, die wider besseres Wissen in
gefährliche Gebiete reisen und keine Versicherung abschließen.

Ralf
--
PS1: Wer gute und weniger gute Fotos sehen möchte,
der muß ab und zu mal auf meiner Website vorbeischauen.
www.ralfs-webgalerie.de
Bilder von Menschen, Tieren, Landschaften und Astronomie
Bernhard Nowotny
2003-08-20 09:50:13 UTC
Permalink
Ich persoenlich wuerde jedenfalls, wenn es wirklich hart auf hart
kommt, lieber von einem erfolgsabhaengig bezahlten internationalen
Soeldnertrupp als der malischen Armee befreit werden.
Na ja, ich würde wahrscheinlich auch mit dem HRT des FBI,
dem SAS oder der GSG9 vorlieb nehmen ... ;-)
Im Ausland musst Du deutscherseits mittlerweile das KSK
(Kommando Spezialkräfte) der Bundeswehr akzeptieren, weil
die GSG9 als Polizeieinheit auf innerdeutsches Gebiet
beschränkt wurde (vermutlich damit die neuen KSK ein definiertes
Einsatzgebiet haben).

Das hat die GSG9 angeblich ziemlich geärgert, weil sie hierzulande
oft nur noch für "Dreckarbeit" hergenommen wird (eher politische
Aktionen) und weniger für die "echten" Rettungsaktionen, für
die die SEKs der Länderpolizeien mittlerweile auch sehr gut
geeignet sind. Die Bundeseinheit GSG9 verdankt ihr Entstehen ja
ursprünglich den fehlenden Möglichkeiten der Länder (erkannt
anlässlich des Olympia-Attentats 1972), die haben aber aufgeholt.

Aber auch die KSK scheinen ihren Job zu verstehen. Die GSG9
wird da einiges an Aufbauhilfe geleistet haben.

Allerdings wird wohl über die wirkliche Arbeit von GSG9 und KSK
wenig bekannt sein...

Servus,


Bernhard
--
Bernhard Nowotny /°\ --- JOIN NOW!!! ---
85625 Glonn, Germany \ / ASCII ribbon campaign
X against HTML
PGP ok. Certified ID: 0x17B6F58C (DSS/DH) / \ in mail and news
Bernhard Nowotny
2003-08-20 09:59:15 UTC
Permalink
Post by Christian Abraham
inspiriert durch die Geiselfreigabe in der Sahara, stellen sich mir
- Wer muß eigentlich das Lösegeld letztendlich zahlen?
Passend dazu ein Artikel in der heutigen SZ (Mi, 20.8.03):
http://www.sueddeutsche.de/sz/politik/red-artikel583/

<zitat>
| Das ist so vorgesehen im "Konsular- und Auslandsgesetz" der
| Bundesrepublik, in dem es grundsätzlich heißt, der Empfänger von
| Hilfeleistungen sei zur Erstattung von Auslagen verpflichtet. Wie
| viel das im Einzelfall sein muss, ist allerdings Auslegungssache.
[...]
| In erster Linie ist der Staat verpflichtet, jenen Menschen zur
| Hilfe zu kommen, die in Not geraten – auch in fremden Ländern.
| Gleichzeitig aber ist die Eigenbeteiligung von Menschen, welche
| die Hilfe deutscher Diplomaten im Ausland genutzt haben, längst
| gängige Praxis. Berechnet werden allerdings bei aufwändigen
| Rettungsaktionen oder Evakuierungen vor allem belegbare Kosten wie
| Helikopter-Einsätze, Telefonkosten oder Übersetzungen. Lösegeld ist
| nicht zu ersetzen – denn das ist ja offiziell gar nicht gezahlt
| worden.
</zitat>
Post by Christian Abraham
- Gibt es dabei Unterschiede zwischen Geiselnahmen im In- und
Ausland?
Im Inland ist der Innenminister zuständig, im Ausland das
Ministerium des Äussersten (respektive auch das Verteidigungs-
ministerium, wenn die KSK zum Einsatz kommen)... :)

Das im Artikel genannte "Konsular- und Auslandsgesetz" scheint
ja nur für den Auslandsfall zu gelten. Im Inland sind mir
keine Kostenerstattungen durch die Geiseln für Polizeieinsätze
bekannt (ausser bei grobem Unfug etc.). Der ggf. notwendige
Rettungswagen wird ganz normal über die Krankenkasse abgerechnet
werden...

Servus,


Bernhard
--
Bernhard Nowotny /°\ --- JOIN NOW!!! ---
85625 Glonn, Germany \ / ASCII ribbon campaign
X against HTML
PGP ok. Certified ID: 0x17B6F58C (DSS/DH) / \ in mail and news
Loading...