Discussion:
Konkurrenz von Vindikation und Kondiktion
(zu alt für eine Antwort)
Oliver Much
2003-09-11 16:23:58 UTC
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K kauft bei V eine Sache Y, V liefert irrtumsbedingt
eine (bessere) Sache Z. V ficht nach § 119 II BGB das
Verfügungsgeschäft wirksam an und will die Sache Z
gegen Lieferung von Y zurück.

Meiner Meinung nach kann V die Sache sowohl nach
§ 985 BGB als auch nach § 812 I S.2 (bzw. S.1)
BGB herausverlangen. Ersteres weil K nicht mehr
Eigentümer ist, sondern wieder der V, zweiteres
weil gerade diese Sache ohne Rechtgrund geleistet
wurde.

Bisher habe ich nur Lösungen gefunden, die die
Leistungskondiktion verwenden. Gründe gegen die
Vindikation (bzw. die Anwendung beider) konnte
ich nicht finden. Wo ist mein Denkfehler?
Holger Pollmann
2003-09-11 19:32:21 UTC
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Post by Oliver Much
K kauft bei V eine Sache Y, V liefert irrtumsbedingt
eine (bessere) Sache Z. V ficht nach § 119 II BGB das
Verfügungsgeschäft wirksam an und will die Sache Z
gegen Lieferung von Y zurück.
Was für ein Irrtum? Das mjß ja schon sein, daß V denkt, die Sache Y in
einen Karton zu tun, in Wirklichkeit aber die Sache Z. Und selbst dann
würde ich mal sagen, daß er sich nicht über Eigenschaften der Sache
geirrt hat, sondern über die Sache als solche.
Post by Oliver Much
Meiner Meinung nach kann V die Sache sowohl nach
§ 985 BGB als auch nach § 812 I S.2 (bzw. S.1)
BGB herausverlangen. Ersteres weil K nicht mehr
Eigentümer ist, sondern wieder der V, zweiteres
weil gerade diese Sache ohne Rechtgrund geleistet
wurde.
§ 812 I 1 oder § 812 I 2 ist nicht genau zitiert. Diese zwei Sätze
enthalten insgesamt vier Fälle, pro Satz zwei Alternativen. Du mußt
schion genauer sagen, was du willst.
Post by Oliver Much
Bisher habe ich nur Lösungen gefunden, die die
Leistungskondiktion verwenden. Gründe gegen die
Vindikation (bzw. die Anwendung beider) konnte
ich nicht finden. Wo ist mein Denkfehler?
M.E. im Irrtum.
--
( ROT-13 if you want to email me directly: ***@ervzjrexre.qr )
"Im Krieg trifft es immer die falschen - die Militärs nennen sowas
'Schade'. Sozusagen 'Kollateralschade'." -- Thomas Pommer, n-tv
Nachschlag, 07.03.2003
Bastian Völker
2003-09-11 19:58:38 UTC
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Hallo!
Post by Holger Pollmann
§ 812 I 1 oder § 812 I 2 ist nicht genau zitiert. Diese zwei Sätze
enthalten insgesamt vier Fälle, pro Satz zwei Alternativen. Du mußt
schion genauer sagen, was du willst.
Erinnert mich an einen meiner Profs: "'Anspruch aus § 812' ist in etwa
so präzise wie 'Anspruch aus BGB'."

Gruß
Bastian
--
"Und § 14 Abs. 2 BGB lautet: '[...]' Oder anders: Eine
rechtsfähige Personengesellschaft ist eine solche. Darauf
muss man erst mal kommen."
Hensen, ZIP 2000, 1151
Oliver Much
2003-09-12 11:16:26 UTC
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Post by Holger Pollmann
Was für ein Irrtum? Das mjß ja schon sein, daß V denkt, die Sache Y in
einen Karton zu tun, in Wirklichkeit aber die Sache Z.
V nimmt an, K habe Z gekauft und nicht Y. Vergreift sich also nicht und
weiß auch, was er mit der Übergabe an K bewirkt.
Post by Holger Pollmann
§ 812 I 1 oder § 812 I 2 ist nicht genau zitiert. Diese zwei Sätze
enthalten insgesamt vier Fälle, pro Satz zwei Alternativen. Du mußt
schion genauer sagen, was du willst.
Holger, Du kannst Dir denken, daß ich § 812 I S.1 1. Alt. BGB bzw
§ 812 I S.2 1.Alt. BGB meine, wenn es um Herausgabeansprüche bei
Anfechtung geht. :-)
Post by Holger Pollmann
Post by Oliver Much
Wo ist mein Denkfehler?
M.E. im Irrtum.
Vorausgesetzt das ist nicht der Fall: welches Verhältnis besteht
zwischen Vindikation und der Kondiktion?
Holger Pollmann
2003-09-12 10:56:02 UTC
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Post by Oliver Much
Post by Holger Pollmann
Was für ein Irrtum? Das mjß ja schon sein, daß V denkt, die Sache
Y in einen Karton zu tun, in Wirklichkeit aber die Sache Z.
V nimmt an, K habe Z gekauft und nicht Y. Vergreift sich also
nicht und weiß auch, was er mit der Übergabe an K bewirkt.
Dann kein Irrtum -> keine Anfechtung.
Post by Oliver Much
Post by Holger Pollmann
§ 812 I 1 oder § 812 I 2 ist nicht genau zitiert. Diese zwei
Sätze enthalten insgesamt vier Fälle, pro Satz zwei Alternativen.
Du mußt schion genauer sagen, was du willst.
Holger, Du kannst Dir denken, daß ich § 812 I S.1 1. Alt. BGB bzw
§ 812 I S.2 1.Alt. BGB meine, wenn es um Herausgabeansprüche bei
Anfechtung geht. :-)
Ich konnte es mir zwar denken, daß die wenn überhaupt einschlägig sind,
aber ich war mir halt nicht sicher, ob du nicht irgend eine seltsame
Konstruktion willst.
Post by Oliver Much
Post by Holger Pollmann
Post by Oliver Much
Wo ist mein Denkfehler?
M.E. im Irrtum.
Vorausgesetzt das ist nicht der Fall: welches Verhältnis besteht
zwischen Vindikation und der Kondiktion?
Grundsätzlich stehen die nebeneinander. Der Ausschluß in § 993 I 2. HS
gilt nur für Schadensersatz und Nutzungsherausgabe (und auch das ist ja
eher eingeschränkt).
--
( ROT-13 if you want to email me directly: ***@ervzjrexre.qr )
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'Schade'. Sozusagen 'Kollateralschade'." -- Thomas Pommer, n-tv
Nachschlag, 07.03.2003
Oliver Much
2003-09-12 13:52:22 UTC
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Post by Holger Pollmann
Post by Oliver Much
V nimmt an, K habe Z gekauft und nicht Y. Vergreift sich also
nicht und weiß auch, was er mit der Übergabe an K bewirkt.
Dann kein Irrtum -> keine Anfechtung.
Hmm.. Brox AT, 21. Aufl., Rn. 374 schreibt: "Auch der Verkäufer,
der sich über einen Sachmangel geirrt hat, kann nicht nach § 119 II
anfechten, da er sich auf diese Weise der Sachmängelhaftung
entzöge. Dagegen steht ihm ein Anfechtungsrecht zu, sofern sich
der Eigenschafftsirrtum nicht auf einen Sachmangel bezieht;
denn insoweit scheidet eine Konkurrenz zu §§ 459ff. (heute §§
434 ff., Anm. O.M.) aus. Die Anfechtung ist auch zulässig, wenn
sicher ist, daß der Käufer keine Mängelansprüche geltend machen
wird."

Letzteres ist vorliegend der Fall, da die Sache Z besser für K
ist als Y; er will sie auch behalten. Z hat auch einen Mangel,
da sie ein aliud zu Y ist, § 434 III BGB. Daß Z einen Mangel
hat, wußte V aber nicht.

Also setzt Brox doch voraus, daß ein Mangel eine Eigenschaft der
Sache ist über die man sich irren kann.
Holger Pollmann
2003-09-12 12:11:32 UTC
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Post by Oliver Much
Post by Holger Pollmann
Post by Oliver Much
V nimmt an, K habe Z gekauft und nicht Y. Vergreift sich also
nicht und weiß auch, was er mit der Übergabe an K bewirkt.
Dann kein Irrtum -> keine Anfechtung.
Hmm.. Brox AT, 21. Aufl., Rn. 374 schreibt: "Auch der Verkäufer,
der sich über einen Sachmangel geirrt hat, kann nicht nach § 119
II anfechten, da er sich auf diese Weise der Sachmängelhaftung
entzöge. Dagegen steht ihm ein Anfechtungsrecht zu, sofern sich
der Eigenschafftsirrtum nicht auf einen Sachmangel bezieht;
denn insoweit scheidet eine Konkurrenz zu §§ 459ff. (heute §§
434 ff., Anm. O.M.) aus. Die Anfechtung ist auch zulässig, wenn
sicher ist, daß der Käufer keine Mängelansprüche geltend machen
wird."
Letzteres ist vorliegend der Fall, da die Sache Z besser für K
ist als Y; er will sie auch behalten. Z hat auch einen Mangel,
da sie ein aliud zu Y ist, § 434 III BGB. Daß Z einen Mangel
hat, wußte V aber nicht.
Also setzt Brox doch voraus, daß ein Mangel eine Eigenschaft der
Sache ist über die man sich irren kann.
Ja, natürlich, und das stelle ich auch gar nicht in Abrede; ich habe
auch nie in Abrede gestellt, daß GRUNDSÄTZLICH bei einem Irrtum eine
Anfechtung auch des Verfügungsgeschäfts möglich ist (wobei ich mir
ehrlich gesagt keinen Irrtum über eine Eigenschaft einer Sache
vorstellen kann, der objektiv und subjektiv ursächlich für die
Übereignung war).

Es geht aber darum: wenn hier V denkt, der K habe Z gekauft, und
übereignet deshalb dem K die Sache Z, und er will auch die Sache Z
übereignen und weiß was er sagt etc. - dann unterliegt er keinem
Irrtum. Und ohne Irrtum kann man nicht nach § 119 II (oder I)
anfechten, ganz einfach.

Und nein, die Tatsache "K hat mit mir einen Kaufvertrag über einen
Gegenstand dieser Art bzw. über diesen Gegenstand abgeschlossen" ist
keine Eigenschaft, die der Sache anhängt.
--
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Nachschlag, 07.03.2003
Oliver Much
2003-09-12 17:27:31 UTC
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Post by Holger Pollmann
Post by Oliver Much
Also setzt Brox doch voraus, daß ein Mangel eine Eigenschaft der
Sache ist über die man sich irren kann.
Ja, natürlich, und das stelle ich auch gar nicht in Abrede;
Dann verstehe ich nicht, warum Du einen Eigenschaftsirrtum hier
verneinst. Hätte V gewußt, daß die Sache mangelhaft ist, hätte
er sie nicht an K übereignet. Daß ist nach neuer Rechtslage
dasselbe wie als hätte er nicht Z übereignet, sondern Y
allerdings ohne eine wichtige Schraube. Damit V nun deswegen nicht
anficht, wird darauf abgestellt, daß der Käufer diesen Mangel
nicht geltend macht. Mir fallen im Moment auch keine Beispiele
an, wie man gerade wegen eines Mangels nach Abs. I des § 119
BGB anfechten kann.

Welche andere Lösung, die nicht auf einer statt 25/3 Seiten
behandelt werden kann, fällt Dir sonst ein?
Holger Pollmann
2003-09-12 18:01:20 UTC
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Post by Oliver Much
Post by Holger Pollmann
Post by Oliver Much
Also setzt Brox doch voraus, daß ein Mangel eine Eigenschaft der
Sache ist über die man sich irren kann.
Ja, natürlich, und das stelle ich auch gar nicht in Abrede;
Dann verstehe ich nicht, warum Du einen Eigenschaftsirrtum hier
verneinst.
Wo geht's denn hier um einen Mangel? Meinst du § 434 III BGB?

Im übrigen sagt Brox, daß ein Mangel eine Eigenschaft sein KANN. Die
Vorschrift des § 434 III bezieht sich m.E. aber nur auf Mängel im Sinne
von § 437 BGB, nicht auf Irrtümer im Rahmen des Vertragsschlusses o.ä.

Ic bin der Meinung, daß wenn V die Sache Z übereignen wollte, er die
Sache Z übereignen wollte.
Post by Oliver Much
Welche andere Lösung, die nicht auf einer statt 25/3 Seiten
behandelt werden kann, fällt Dir sonst ein?
Hmmm?
--
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Nachschlag, 07.03.2003
Oliver Much
2003-09-12 20:53:25 UTC
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Post by Holger Pollmann
Post by Oliver Much
Dann verstehe ich nicht, warum Du einen Eigenschaftsirrtum hier
verneinst.
Wo geht's denn hier um einen Mangel? Meinst du § 434 III BGB?
Ja! :-) Z = Aliud = Sachmangel.
Post by Holger Pollmann
Im übrigen sagt Brox, daß ein Mangel eine Eigenschaft sein KANN.
Er ist es immer, aber er berechtigt nicht immer zur Anfechtung.
Post by Holger Pollmann
Die Vorschrift des § 434 III bezieht sich m.E. aber nur auf Mängel im Sinne
von § 437 BGB, nicht auf Irrtümer im Rahmen des Vertragsschlusses o.ä.
Verstehe ich nicht. § 437 regelt die Rechte des Käufers bei Sach- und
Rechtsmängeln.
Post by Holger Pollmann
Post by Oliver Much
Welche andere Lösung, die nicht auf einer statt 25/3 Seiten
behandelt werden kann, fällt Dir sonst ein?
Hmmm?
Hausarbeit.
Holger Pollmann
2003-09-13 12:15:23 UTC
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Post by Oliver Much
Post by Holger Pollmann
Die Vorschrift des § 434 III bezieht sich m.E. aber nur auf
Mängel im Sinne von § 437 BGB, nicht auf Irrtümer im Rahmen des
Vertragsschlusses o.ä.
Verstehe ich nicht. § 437 regelt die Rechte des Käufers bei Sach-
und Rechtsmängeln.
Okay. Also. Teleologisch ist der Sinn hinter § 434 III, dem Käufer auch
bei Lieferung einer völlig falschen Sache schon die relativ sinnvollen
Mittel der Mängelhaftung an die Hand zu geben. Würde man die Lieferung
eines Aliud weiterhin als "Gar-Nicht-Leistung" ansehen, müßte K das
aliud zurückschicken und erneut Leistung verlangen. Wenn dann wieder
ein aliud kommt, muß er das Spielchen u.U. noch ein bißchen weiter
treiben. Das macht aber keinen Sinn, wenn es sich z.B. un ein
minderwertiges aliud handelt, mit dem der Käufer auch leben kann, dann
kann er einfach mindern etc. Deshalb soll auch ein aliud bereits die
Folgen eines Mangels auslösen. (Ob das sinnvoll ist, lassen wir mal
dahingestellt, aber das ist die Intention des Gesetzgebers).

Das ganze dient also dem Schutz des Käufers, nicht des Verkäufers.

Jetzt diese Regel dem Verkäufer zugutekommen zu lassen, indem man
diesen Mangelbegriff auch im Rahmen des § 119 II BGB anwendet, halte
ich nicht für die Intention des Gesetzgebers. Das gleiche sagt ja auch
Brox (zum alten Recht im übrigen): der Verkäufer darf sich der
Sachmängelhaftung dadurch nicht entziehen.

Brox hatte aber bei der Abfassung der 21. Auflage noch keine Ahnung
davon, daß der Gesetzgeber einen mangelbegriff erfinden würde, der noch
WEIT über das genehmigungsfähige aliud nach altem HGB hinausgehen
würde. Ob er da das gleiche schreiben würde, weiß ich nicht.

Mir persönlich kommt es einfach "nicht richtig" vor.

Mein Hauptargument ist aber ein anderes: Brox spricht von der
Anfechtung des Kaufvertrags (bei dem Beispiel mit dem Bild z.B. wird
das m.E. deutlich). Die Anfechtung des Verfügungsgeschäfts ist nach
ganz h.M. üblicherweise nur dann möglich, wenn der Irrtum beim
Verpflichtungsgeschäft ein solcher ist, der auf das Verfügungsgeschäft
durchschlägt.

Hier befindet sich V in einem Irrtum über dne Inhalt des Kaufvertrags,
als er die Sache übereignet; die Tatsache, daß mit der Übergabe +
Übereignung der Sache (nicht vorher!) ein Sachmangel entsteht, ist da
noch gar nicht relevant. Wie du schon sagtest: er will genau diese
Sache übereignen, da gibt es keinen Irrtum, und die Tatsache, daß NACH
der Übereignung ein Mangel im Sinne des Kaufrechts besteht, änert m.E.
im Sinne der Anfechtung nichts daran, daß die Sache mangelfrei ist.

Ich stelle mir das auch lustig vor: V weiß eigentlich, daß Z nicht di
richtige Sache ist, will sie aber trotzdem übereignen, weil er hofft,
daß K das nicht merkt. Er hält die Sache Z aber für ansonsten okay.
Tatsächlich funktioniert aber Z nicht. Niemand kann nachprüfen, daß V
gewußt hat, daß er nicht Z schuldet; soll er sich jetzt durch
Anfechtung darauf berufen können, die Sache zurücknehmen und dann
nochmal von Anfang an leisten? Ich weiß niocht, aber das schmeckt mir
nicht.

Ich sehe auch nicht das Problem. V hat einen Anspruch darauf, die Sache
zurückzubekommen, und zwar nach § 812 BGB; warum soll er anfechten
können müssen?
Post by Oliver Much
Post by Holger Pollmann
Post by Oliver Much
Welche andere Lösung, die nicht auf einer statt 25/3 Seiten
behandelt werden kann, fällt Dir sonst ein?
Hmmm?
Hausarbeit.
Ne, warum du meinst, daß das 3 Seiten braucht :-)
--
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Nachschlag, 07.03.2003
Oliver Much
2003-09-13 15:39:03 UTC
Permalink
Holger Pollmann <***@uboot.com> writes:

[...]
Post by Holger Pollmann
Das ganze dient also dem Schutz des Käufers, nicht des Verkäufers.
Jetzt diese Regel dem Verkäufer zugutekommen zu lassen, indem man
diesen Mangelbegriff auch im Rahmen des § 119 II BGB anwendet, halte
ich nicht für die Intention des Gesetzgebers. Das gleiche sagt ja auch
Brox (zum alten Recht im übrigen): der Verkäufer darf sich der
Sachmängelhaftung dadurch nicht entziehen.
Richtig, allerdings will der Käufer das bessere (und natürlich
teurere) aliud behalten. Folglich verdient er keinen Schutz.
Genau diese Ausnahme läßt auch Brox gelten.
Post by Holger Pollmann
Brox hatte aber bei der Abfassung der 21. Auflage noch keine Ahnung
davon, daß der Gesetzgeber einen mangelbegriff erfinden würde, der noch
WEIT über das genehmigungsfähige aliud nach altem HGB hinausgehen
würde. Ob er da das gleiche schreiben würde, weiß ich nicht.
Ich guck mal nach, was er in der aktuellen Auflage schreibt.
Post by Holger Pollmann
Mein Hauptargument ist aber ein anderes: Brox spricht von der
Anfechtung des Kaufvertrags (bei dem Beispiel mit dem Bild z.B. wird
das m.E. deutlich). Die Anfechtung des Verfügungsgeschäfts ist nach
ganz h.M. üblicherweise nur dann möglich, wenn der Irrtum beim
Verpflichtungsgeschäft ein solcher ist, der auf das Verfügungsgeschäft
durchschlägt.
Falsch rum. Wird das Verpflichtungsgeschäft angefochten, ist das
Verfügungsgeschäft wegen des Abstraktionsprinzips nicht automatisch
mit angefochten. Ausnahme: Fehlerindentität bzw. entsprechende
Auslegung. Isoliert können beide immer angefochten werden, allerdings
hat z.B. der die Verfügung anfechtende Verkäufer keinen Herausgabe-
anspruch aus § 985 BGB, da der Käufer ein Recht zum Besitz (das
Kausalgeschäft) hat; gleiches gilt für § 812 I S.1 1. Alt. bzw.
S.2 1.Alt. BGB.
Post by Holger Pollmann
Hier befindet sich V in einem Irrtum über dne Inhalt des Kaufvertrags,
als er die Sache übereignet; die Tatsache, daß mit der Übergabe +
Übereignung der Sache (nicht vorher!) ein Sachmangel entsteht, ist da
noch gar nicht relevant. Wie du schon sagtest: er will genau diese
Sache übereignen, da gibt es keinen Irrtum, und die Tatsache, daß NACH
der Übereignung ein Mangel im Sinne des Kaufrechts besteht, änert m.E.
im Sinne der Anfechtung nichts daran, daß die Sache mangelfrei ist.
Die Sache ist nicht mangelfrei. Auch haftet der Mangel der Sache Z (und
auch allen anderen Sachen auf der Welt außer der Y) kraft Fiktion des
§ 434 III BGB in Verbindung mit dem Vertrag immer an. Nicht erst durch
die Verfügung wird die Sache mangelhaft.
Post by Holger Pollmann
Ich stelle mir das auch lustig vor: V weiß eigentlich, daß Z nicht di
richtige Sache ist, will sie aber trotzdem übereignen, weil er hofft,
daß K das nicht merkt. Er hält die Sache Z aber für ansonsten okay.
Wer? K?
Post by Holger Pollmann
Tatsächlich funktioniert aber Z nicht. Niemand kann nachprüfen, daß V
gewußt hat, daß er nicht Z schuldet;
Das ist eine Beweisfrage genauso wie die Bedingung, daß der Käufer die
Sache wirklich behalten will und daher keine Mängel geltend machen will.

[..]
Post by Holger Pollmann
Ich sehe auch nicht das Problem. V hat einen Anspruch darauf, die Sache
zurückzubekommen, und zwar nach § 812 BGB; warum soll er anfechten
können müssen?
Weil der Sachverhalt dann keinen Sinn macht. ;-)
Post by Holger Pollmann
Post by Oliver Much
Post by Oliver Much
Welche andere Lösung, die nicht auf einer statt 25/3 Seiten
behandelt werden kann, fällt Dir sonst ein?
Hmmm?
Hausarbeit.
Ne, warum du meinst, daß das 3 Seiten braucht :-)
Wegen dem Rest des SV. :-)
Holger Pollmann
2003-09-13 14:54:11 UTC
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Post by Oliver Much
Die Sache ist nicht mangelfrei. Auch haftet der Mangel der Sache Z
(und auch allen anderen Sachen auf der Welt außer der Y) kraft
Fiktion des § 434 III BGB in Verbindung mit dem Vertrag immer an.
Nicht erst durch die Verfügung wird die Sache mangelhaft.
Genau das sehe ich eben anders.
Post by Oliver Much
Post by Holger Pollmann
Ich sehe auch nicht das Problem. V hat einen Anspruch darauf, die
Sache zurückzubekommen, und zwar nach § 812 BGB; warum soll er
anfechten können müssen?
Weil der Sachverhalt dann keinen Sinn macht. ;-)
Na ja, eine Anfechtung kann ja auch unwirksam sein :-) Dann muß man
halt umdeuten. Wenn du dagegen davon ausgehst, daß der Sachverhalt als
richtig angesehen werden muß (steht im Text echt "wirksam"?), dann ist
deine Lösung natürlich richtig.

Aber in Anbetracht des letzten Absatzes deines OP bin ich bisher davon
ausgegangen, daß die Anfechtung durchaus fraglich ist. Daß du keine
Lösungen mit § 985 gefunden hast, würde mich nicht wundern, wenn in den
entsprechenden Fällen dann keine Anfechtung vorgekommen ist (denn nach
altem Recht wird da wohl in aller Regel keine Anfechtung in betracht
gekommen sein).
--
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"Im Krieg trifft es immer die falschen - die Militärs nennen sowas
'Schade'. Sozusagen 'Kollateralschade'." -- Thomas Pommer, n-tv
Nachschlag, 07.03.2003
Oliver Much
2003-09-14 15:34:25 UTC
Permalink
Post by Holger Pollmann
Post by Oliver Much
Die Sache ist nicht mangelfrei. Auch haftet der Mangel der Sache Z
(und auch allen anderen Sachen auf der Welt außer der Y) kraft
Fiktion des § 434 III BGB in Verbindung mit dem Vertrag immer an.
Nicht erst durch die Verfügung wird die Sache mangelhaft.
Genau das sehe ich eben anders.
Dann kann aber niemals wegen § 119 II BGB angefochten werden. Auch
nicht im Falle einer mangelhaften Sache, die kein aliud ist. Daß nun
beides gleich behandelt werden soll, steht in § 434 III BGB.
Post by Holger Pollmann
Aber in Anbetracht des letzten Absatzes deines OP bin ich bisher davon
ausgegangen, daß die Anfechtung durchaus fraglich ist.
Ja, aber wegen dem Verhältnis von § 119 II und den Gewährleistungs-
ansprüchen. Genau deswegen füttert der Ersteller mit Angaben, die
trotzdem eine Anfechtung des Verkäufer erlauben können. Sachlogisch
muß also eine Anfechtung durchgehen können.

Christian E. Naundorf
2003-09-12 22:41:04 UTC
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Post by Oliver Much
Vorausgesetzt das ist nicht der Fall: welches Verhältnis besteht
zwischen Vindikation und der Kondiktion?
Hinsichtlich der Sache selbst wohl gar nichts
(rechtsgrundlos erlangter Besitz --> Besitzeinräumung
an den Eigentümer). Der Regelungsgehalt unterscheidet
sich vor allem im "Drumrum" (Nutzungen, Verwendungen
und der ganze Husten).
--
Dr. Christian E. Naundorf alias CEN

"So spricht der Herr: Das Recht ströme wie Wasser
und Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach!" (Amos 5, 24)
Bastian Völker
2003-09-11 17:34:24 UTC
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Hallo!
Post by Oliver Much
K kauft bei V eine Sache Y, V liefert irrtumsbedingt
eine (bessere) Sache Z. V ficht nach § 119 II BGB das
Verfügungsgeschäft wirksam an und will die Sache Z
gegen Lieferung von Y zurück.
Meiner Meinung nach kann V die Sache sowohl nach
§ 985 BGB als auch nach § 812 I S.2 (bzw. S.1)
BGB herausverlangen. Ersteres weil K nicht mehr
Eigentümer ist, sondern wieder der V, zweiteres
weil gerade diese Sache ohne Rechtgrund geleistet
wurde.
Bisher habe ich nur Lösungen gefunden, die die
Leistungskondiktion verwenden. Gründe gegen die
Vindikation (bzw. die Anwendung beider) konnte
ich nicht finden. Wo ist mein Denkfehler?
Ich bin aus dem Zivilrecht schon etwas raus. Aber wird durch die
Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB wirklich auch das Verfügungsgeschäft
nichtig?

Gruß
Bastian
--
"Und § 14 Abs. 2 BGB lautet: '[...]' Oder anders: Eine
rechtsfähige Personengesellschaft ist eine solche. Darauf
muss man erst mal kommen."
Hensen, ZIP 2000, 1151
Holger Pollmann
2003-09-11 20:21:17 UTC
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Post by Bastian Völker
Post by Oliver Much
K kauft bei V eine Sache Y, V liefert irrtumsbedingt
eine (bessere) Sache Z. V ficht nach § 119 II BGB das
Verfügungsgeschäft wirksam an und will die Sache Z
gegen Lieferung von Y zurück.
Ich bin aus dem Zivilrecht schon etwas raus. Aber wird durch die
Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB wirklich auch das Verfügungsgeschäft
nichtig?
Nochmal lesen: er ficht nicht das Grundgeshcäft, sondenr da
Verfügungsgeschäft an.

WENN er das anfechten kann, dann geht das natürlich unter. Die Frage ist
eher, OB er es kann.
--
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'Schade'. Sozusagen 'Kollateralschade'." -- Thomas Pommer, n-tv
Nachschlag, 07.03.2003
Bastian Völker
2003-09-11 20:35:37 UTC
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Hallo!
Post by Holger Pollmann
Post by Bastian Völker
Post by Oliver Much
K kauft bei V eine Sache Y, V liefert irrtumsbedingt
eine (bessere) Sache Z. V ficht nach § 119 II BGB das
Verfügungsgeschäft wirksam an und will die Sache Z
gegen Lieferung von Y zurück.
Ich bin aus dem Zivilrecht schon etwas raus. Aber wird durch die
Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB wirklich auch das Verfügungsgeschäft
nichtig?
Nochmal lesen: er ficht nicht das Grundgeshcäft, sondenr da
Verfügungsgeschäft an.
Ahhhh so.
Post by Holger Pollmann
WENN er das anfechten kann, dann geht das natürlich unter. Die Frage ist
eher, OB er es kann.
Das ist die Frage. Wenn er es wirklich kann, sollten beide Ansprüche
durchgehen. Vielleicht findet er ja keine solchen Lösungen, weil dort
nie das Verfügungsgeschäft angefochten wurde (oder zumindest nicht
wirksam)?

Gruß
Bastian
--
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rechtsfähige Personengesellschaft ist eine solche. Darauf
muss man erst mal kommen."
Hensen, ZIP 2000, 1151
Holger Pollmann
2003-09-11 20:44:31 UTC
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Post by Bastian Völker
Post by Holger Pollmann
WENN er das anfechten kann, dann geht das natürlich unter. Die
Frage ist eher, OB er es kann.
Das ist die Frage. Wenn er es wirklich kann, sollten beide
Ansprüche durchgehen. Vielleicht findet er ja keine solchen
Lösungen, weil dort nie das Verfügungsgeschäft angefochten wurde
(oder zumindest nicht wirksam)?
Und ich shcrieb ja in meinem anderen Posting: m.E. liegt kein Irrtum vor,
der relevant wäre, und darum kanne r auch nicht anfechten. Die Identität
einer Sache ist m.E. keine Eigenschaft.

Man könnte an einen Inhaltsirrtum denken.
--
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Nachschlag, 07.03.2003
Oliver Much
2003-09-12 11:26:56 UTC
Permalink
Post by Bastian Völker
Post by Holger Pollmann
WENN er das anfechten kann, dann geht das natürlich unter. Die Frage
ist eher, OB er es kann.
Das ist die Frage. Wenn er es wirklich kann, sollten beide Ansprüche
durchgehen.
Vielleicht findet er ja keine solchen Lösungen, weil dort
Prüfen müßte ich sie dann trotzdem beide. Und das ist eben die Frage,
warum nur der BGH im sog. "Leibl"-Fall (= NJW 88, 2597) das auch
macht.
Post by Bastian Völker
nie das Verfügungsgeschäft angefochten wurde (oder zumindest
nicht wirksam)?
Auch wenn ich dieses Argument selbst nicht ausstehen kann: ohne
die (mögliche) Anfechtung macht der Sachverhalt keinen Sinn;
m.E. soll es um die Frage gehen, ob die Gewährleistungsansprüche
des K schützenswerter sind als die Interessen des V, insbesondere
da 434 III BGB nun auch (ausdrücklich) das aliud umfaßt.
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